Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Vermögenseinsatz. angemessener Bestattungsvorsorgevertrag. Verwertbarkeit. Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse. keine Härte. keine Übernahme ungedeckter Heimkosten

 

Orientierungssatz

1. Ein treuhänderisch hinterlegter Betrag aus dem Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag ist verwertbar gem § 90 Abs 1 SGB 12.

2. Vermögen zur Bestattungsvorsorge ist nicht gänzlich nach § 90 Abs 3 SGB 12 geschützt.

3. Welcher Betrag zur Bestattungsvorsorge iS des § 74 SGB 12 angemessen ist, ist nicht durchschnittlich und pauschal, sondern in jedem Einzelfall konkret, aber mit pauschalierenden Elementen zu beantworten. Die örtlichen Verhältnisse müssen im Rahmen der Angemessenheit berücksichtigt werden, weil sie die Gesamtkosten einer Bestattung erheblich beeinflussen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von ungedeckten Heimkosten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Am 06.10.2009 beantragte die Klägerin durch die sie betreuende Tochter Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege für die Dauer der Unterbringung im Seniorenheim T. I1 Stift GmbH, 00000 O. Im Antrag gab sie an, im März 2009 auf Grund Pflegebedürftigkeit im Seniorenpflegeheim aufgenommen worden zu sein. Sie sei zunächst Selbstzahler gewesen, da das Einkommen und Vermögen zur Deckung der Heimpflegekosten jedoch nicht ausreichend sei, bitte sie um Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten ab 01.07.2009. Der Antrag auf Übernahme der Heimpflegekosten könne erst jetzt gestellt werden, da ihr vorher nicht bekannt gewesen sei, dass ein Antrag auf Feststellung einer höheren Pflegestufe gestellt worden sei. Es werde um Berücksichtigung der Heimkosten ab 01.07.2009 gebeten. Zu den persönlichen finanziellen Verhältnissen wies die Klägerin Einkünfte durch Witwenrente in Höhe von 695,71 EUR nach. Ferner gab die Klägerin ein Girokonto mit Stand von 2.340,49,- EUR am 05.10.2009 an sowie ein Guthaben über 5.500,- EUR, welches in einem Bestattungsvorsorge-Treundhandvertrag bei der E Bestattungsvorsorge U Aktiengesellschaft zur Sicherung der Kosten aus dem Bestattungsvorsorgevertrag vom 21.04.2009 zwischen der Klägerin und Bestattungshaus P gesichert ist. Der Bestattungsvorsorgevertrag vom 21.04.2009 zwischen der Klägerin und dem Bestatter sieht folgende Leistungen vor:

Bestatterleistungen: Pappelsarg Rose antik pp. 940,00

Verwaltungsgebühren " Standard" 320,00

Einbetten und Einkleiden mit eigener Kleidung 150,00

Überführung mit dem Bestattungswagen innerhalb O 130,00

Benutzung unseres Klimaraumes pauschal 150,00

Aufbahrung in der Kirche zum Seelenamt bzw. Trauerfeier 120,00

Satzkosten für die Gestaltung der Traueranzeige 45,00 15

diverse Trauerpapiere 24,75

inklusive 19 % Mehrwertsteuer (300,13 EUR) EUR 1.879,75

Zu verauslagende Gebühren und Beträge:

kirchliche Gebühren T. I1 10,00

Totenschein ca. 100,00

Sterbeurkunden 30,00

Beerdigungskaffee Cafe A ca. 300,00

Vorlage: Trauerfloristik Blumen I2 Sarggesteck Blumen: rote Rosen 100,00 Grabblumen je 3 rote Rosen Blumen bitte in die 1 Friedhofsbank legen 15,00 Taxi für Pastor 30,00

Friedhofsgebühren der Stadt O:

Bestattung im Wahlgrab 573,00

Nutzungsgebühr für Wahlgrab 1.884,90

Grababdeckung mit Grabausschmückung 67,00

Grababdeckung mit Grabausschmückung (Kind/Urne) 33,50

Grabbegrenzung bei Wahlgräbern ausgenommen Sondergräber 179,00 EUR 3.322,40

Voraussichtlicher Rechnungsbetrag: EUR 5.202,15

Darüber hinaus wies sie eine lebenslange Kapitalversicherung auf den Todesfall nach (Beginn der Versicherung: 01.08.1979) über einen Versicherungsschutz in Höhe von 2.581,- EUR bei einem Rückkaufswert zum 01.11.2009 in Höhe von 2.385,70 EUR.

Mit Bescheid vom 21.10.2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Bewilligung von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ab, da ein Anspruch wegen vorhandenem Vermögen nicht bestehe. Dem monatlichen Leistungsentgelt der Pflegeeinrichtung in Höhe von 3.551,84 EUR zzgl. Barbetrag in Höhe von 96,93 EUR (3.648,77 EUR) stünden Leistungen der Pflegeversicherung in Höhe von 1.470,- EUR sowie Pflegewohngeldanspruch von 323,06 EUR und eigenes Einkommen durch Witwenrente i.H.v. 695,71,- EUR gegenüber. Der verbleibende monatliche Rest sei vorrangig durch einzusetzendes Vermögen nach § 90 Abs. 1 SGB XII zu decken. Verwertbares Vermögen bestehe in Form von 5.500,- EUR aus der Bestattungsvorsorge, dem Girokontoguthaben von 2.340,49 EUR sowie dem Rückkaufswert der Lebensversicherung in Höhe von 2.385,70 EUR, Gesamtbetrag 10.226,19 EUR. Nach Abzug des Freibetrages von 2.600,- EUR betrage das vorrangig einzusetzende Vermögen 7.626,19 EUR. Für die Zeit vor Kenntnis des Sozialhilfeträgers am 22.09.2009 durch eine Mitarbeiterin der Stadt O, die fernmündlich mitgeteilt habe, dass für die Klägerin Sozialhilfe erforderlich sei, sei eine Hilfegewährung wegen § 18 SGB XII nicht möglich. Danach setze die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen be...

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