Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsbeiträge. Verjährungsfrist. bedingter Vorsatz. 30 Jahre. Nachversteuerung. geldwerter Vorteil. Schadensersatzpflicht. Einzugsstelle
Orientierungssatz
Bei bedingt vorsätzlicher Verkürzung von Sozialversicherungsbeiträgen gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist (hier Beitragspflicht nachversteuerter geldwerter Vorteile).
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Schadensersatz nach § 28r Abs. 1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) wegen Verzichtes auf die Beitragsnachforderung durch die Beklagte trotz --nach Auffassung der Klägerin- noch nicht eingetretener Verjährung von Beitragsansprüchen der Sozialversicherung gegen die Beigeladene aufgrund der Grundlage eines Lohnsteuerhaftungsbescheides.
In den Jahren 1985 bis 1989 verkaufte die Beigeladene an ihre Mitarbeiter unter anderem Kraftstoff unter dem handelsüblichen Preis und vermietete eine Wohnung an einen Mitarbeiter zu einem reduzierten Mietzins. Mit Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 12.01.1990 hat das Finanzamt unter anderem Steuern für den geldwerten Vorteil in Form der Abgabe verbilligten Benzines und den weiteren geldwerten Vorteil durch Vermietung einer Wohnung zu einem reduzierten Mietzins nachgefordert; als geldwerter Vorteil wurde die Differenz des tatsächlichen Verkaufspreises des Benzines zu dem handelsüblichen Preis zugrundegelegt.
Vom 20.09.1993 bis 22.09.1993 führte die Klägerin im Auftrage der Beklagten gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV eine Betriebsprüfung durch. Dabei wurde eine Beitragsnachforderung in Höhe von 12.700,92 DM für den Prüfzeitraum ab 01.12.1985 berechnet. Die im Lohnsteuerhaftungsbescheid genannten geldwerten Vorteile in Form der Überlassung einer Wohnung zu einer Miete unter der ortsüblichen Miete und der Abgabe von verbilligtem Benzin wurden dann zusätzliche beitragspflichtige Einkünfte der Arbeitnehmer zugrundegelegt. Da bei der Abgabe von verbilligtem Benzin eine Zuordnung zu bestimmten Personen nicht möglich gewesen wäre, erfolgte eine pauschale Berechnung.
Mit Bescheid vom 03.12.1993 setzte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 12.700,92 DM fest.
Dagegen hat die Beigeladene am 20.12.1993 Widerspruch erhoben. Die nachgeforderten Beitragsansprüche für die Jahre 1985 bis 1988 seien gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährt. Aus diesem Grunde würde die Beigeladene für diese Beträge in einer Gesamthöhe von 6.563,82 die Einrede der Verjährung erheben.
Mit Schreiben vom 18.02.1994 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, daß nur Beitragsforderungen vor dem 01.12.1985 verjährt seien. Die Widerspruchsstelle der Beklagten hat in dem gegenüber der Beigeladenen erteilten Widerspruchsbescheid vom 10.06.1994 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Mit Zugang des Lohnsteuerhaftungsbescheides vom 12.01.1990 hätte die Steuer- und somit auch die Beitragspflicht dieser Bezüge festgestanden, so daß die Beiträge nach § 23 Abs. 1 SGB IV spätestens am 15.02.1990, (gleich 15. des Folgemonates) fällig geworden wären. Darüber hinaus seien in Fällen der pauschalen Nacherhebung nach § 28f Abs. 2 SGB IV die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Einzugsstelle abzuführen, die im Falle einer Krankenversicherung kraft Gesetzes zuständig ist (§ 28i Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Widerspruchsausschuß hätte daher nach Überprüfung keine Rechtsfehler im Bescheid vom 03.12.1993 erkennen können und hätte demzufolge dem Widerspruch den Erfolg versagen müssen.
Die Beigeladene hat daraufhin gegen den Widerspruchsbescheid Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben (S 4 Kr 115/94). Mit Bescheid vom 01.08.1994 hat die Beklagte gegenüber der Beigeladenen die Beitragsnachforderung für die Jahre 1985 bis 1988 aufgehoben und die Nachforderung auf 6.137,10 DM reduziert. Die jetzige Beigeladene und damalige Klägerin hat daraufhin am 30.09.1994 die Klage zurückgenommen.
Am 18.08.1994 hat die jetzige Klägerin die Beklagte aufgefordert, wegen der Aufhebung der Beitragsforderung mit Bescheid vom 01.08.1994 für die Jahre 1985 bis 1988 in Höhe von insgesamt 6.563,82 DM den auf die Rentenversicherung entfallenden Beitragsanteil in Höhe von 3.436,70 DM als Schadensersatz zu zahlen. Der Abhilfebescheid sei rechtswidrig gewesen, weil die Beiträge ab Dezember 1985 nicht verjährt seien. Die Klägerin sähe im Verhalten der Beklagten eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 28r SGB IV und mache die Beklagte insoweit schadensersatzpflichtig.
Die Beklagte hat sich geweigert, einen entsprechenden Schadensersatz zu zahlen; die Beklagte teile nicht die Rechtsauffassung der Klägerin zur Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist. Den von der Klägerin unterstellten Vorsatz hielte die Beklagte für nicht ausreichend begründet. Dies sei jedoch für die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zwingende Voraussetzung.
Am 12.12.1995 hat daraufhin die Klägerin gegen die Beklagte Klage erhoben. Die Rentenversicherungsträger würden einheitlich die Auf...