Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtvertragliche Vergütungsvereinbarungen zwischen Krankenkasse und Kassenärztlicher Vereinigung. Anspruch einer Krankenkasse auf Erstattung von nicht ausgezahlten Honorarbeträgen wegen fehlender Fortbildungsnachweise
Orientierungssatz
Hat eine Kassenärztliche Vereinigung die durch gesamtvertragliche Vergütungsvereinbarungen zur Verfügung stehenden Mittel nicht vollständig an die Vertragsärzte ausgezahlt, sondern Kürzungen vorgenommen, soweit Ärzte Fortbildungsnachweise nicht erbracht hatten, steht ihr gegenüber der Krankenkasse kein Behaltensrecht in Bezug auf die Kürzungsbeträge zu. Vielmehr sind diese nicht an die Ärzte ausgezahlten Mittel an die Krankenkasse zu erstatten (Entgegen LSG Essen vom 8.3.2017 - L 11 KA 21/15 = MedR 2018, 356).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter namentlicher Benennung der betroffenen Vertragszahnärztinnen/-ärzte Auskunft über die Höhe der seit dem 01.01.2011 erfolgten Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V zu erteilen, soweit die Kürzungen anteilig auf die Klägerin entfallen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die klagende Ersatzkasse beansprucht die Auskehrung von Honoraranteilen, welche die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) gegenüber ihren Mitgliedern wegen nicht erbrachten Fortbildungsnachweises gemäß § 95d Abs. 3 SGB V gekürzt hatte.
Zur Geltendmachung entsprechender Ansprüche wandte sich die Klägerin vorprozessual über den vdek unter dem 26.11.2015 an die Beklagte und bat um Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung, um den Eintritt der Verjährung möglicher Ansprüche ab 2011 zu verhindern. Unter Bezugnahme hierauf machte die Klägerin unter dem 04.12.2015 unmittelbar gegenüber der Beklagten - zunächst dem Grunde nach - die Auskehrung von Beträgen aus Honorarkürzungen nach § 95d SGB V geltend, soweit sie für die Zeit ab 01.01.2011 auf sie entfallen seien. Nachdem die der Beklagten gesetzte Frist bis zum 15.12.2015 fruchtlos verstrichen war, hat die Klägerin am 18.12.2015 Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, auch wenn die Rechtskreise "Honorarverteilung" einerseits und "Gesamtvergütung" andererseits grundsätzlich getrennt seien, bestünden Wechselbeziehungen insoweit, als bei einer Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen - wie hier - die Summe der abgerechneten Einzelleistungen den Gesamtvergütungsanspruch ergebe. Da der Vergütungsanspruch des jeweiligen Vertrags(zahn)arztes von vornherein nur in entsprechend verminderter Höhe konkretisiert werde, habe dies bei Einzelleistungsvergütungen unmittelbar Auswirkung auf die Höhe der von der Krankenkasse zu zahlenden Gesamtvergütung. Fordere die Beklagte eine höhere Gesamtvergütung von der Klägerin ab, als Vergütungsansprüche tatsächlich bestünden, erfolgten diese Zahlungen rechtsgrundlos und seien der Klägerin auf der Grundlage des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurück zu zahlen. Einer spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlage bedürfe es insofern nicht. Mit § 95d SGB V habe der Gesetzgeber ein neues Honorarkürzungsverfahren eingeführt, das weder unmittelbar der Abrechnungsprüfung nach § 106d SGB V noch einer Disziplinarmaßnahme nach § 81 Abs. 5 SGB V zuzuordnen sei.
Ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der gekürzten Honoraranteile ergebe sich nicht aus § 7 Abs. 3 der Vergütungsvereinbarung. Diese gesamtvertragliche Regelung spreche ausschließlich von Kürzungsbeträgen aus Honorarberichtigungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen, habe ihren Ursprung im GKV-SoIG gehabt und - ausschließlich - zur Vereinfachung eine pauschale Berichtigungsquote von 0,4 % zugrunde gelegt. Zu diesem Zeitpunkt habe § 95d SGB V noch nicht existiert, so dass derartige Kürzungen damals nicht in die "Berichtigungsquote" hätten einfließen können. Auch in den Folgejahren seien die gesamtvertraglichen Regelungen mit fast identischem Wortlaut und Verweis auf das GKV-SoIG ohne weiteres lediglich rechnerisch unter Berücksichtigung der gleichen Komponenten aufgrund des sich aus dem GKV-SoIG ergebenen Basiseffekts fortgeschrieben worden, ohne dass es zu inhaltlichen Vertragsverhandlungen über eine Neuberechnung aufgrund neuer gesetzlichen Regelungen gekommen wäre.
Um prüfen zu können, ob und in welcher Höhe zu Unrecht Gesamtvergütungsanteile an die Beklagte geflossen seien, und sodann Erstattungsansprüche konkretisieren und beziffern zu können, sei eine Stufenklage zunächst auf Erteilung der notwendigen Informationen geboten.
Die Klägerin beantragt,
1.) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter namentlicher Benennung der betroffenen Vertragszahnärztinnen/-ärzte Auskunft über die Höhe der seit dem 01.01.2011 erfolgten Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V zu erteilen, soweit sie anteilig auf die Klägerin entfallen;
2.) die Beklagte hilfsweise zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Höhe der seit dem 01.01.2011 erfolgten Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V, soweit sie anteilig auf d...