Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Nachversicherung von Beamten, Erhebung eines Säumniszuschlags. Anforderungen an die Annahme einer vorsätzlichen Vorenthaltung von Beiträgen

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung zur Erhebung von Säumniszuschlägen bei Beitragsrückständen gemäß § 24 Abs. 1 SGB 4 ist auch auf die Fälle der Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung anwendbar. Insbesondere verdrängt die Regelungen zur Beitragserhebung bei der Nachversicherung in § 181 SGB 6 nicht die allgemeinen Regelungen zur Erhebung von Säumniszuschlägen (Anschluss BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R).

2. Kann aufgrund des Umstandes, dass ein Beitragsschuldner im Rahmen einer Nachversicherung eines aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedenen Beamten den dazugehörigen Verwaltungsvorgang nicht mehr vorlegen kann, nicht nachvollzogen werden, warum die fristgerechter Nachversicherung unterblieb, so geht dies zu Lasten des Beitragsschuldners mit der Folge, dass von einer Kenntnis der Beitragspflicht bzw. des Fehlens eines Aufschubgrundes und der Möglichkeit einer fristgemäßen Zahlung ausgegangen wird.

3. Eine vorsätzliche Vorenthaltung von Nachversicherungsbeiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung, die zu einer 30jährigen Verjährungsfrist führt, ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Beitragsschuldner Kenntnis von seiner Zahlungspflicht hatte und die Zahlung dennoch unterließ. Allein eine unzureichende Aktenführung bzw. ein unzureichender Umgang mit den Akten kann dabei die Annahme eines Vorsatzes nicht beseitigen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Säumniszuschlägen auf Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 17.998,50 EUR streitig.

In der Zeit vom 5. April 1988 bis 4. April 1991 stand der ehemalige Soldat auf Zeit N M-G in einem versicherungsfreien Dienstverhältnis bei der Klägerin. Seine Dienstbezüge erhielt er vom damaligen Wehrbereichsgebührnisamt I, I. Nach der zum Dienstzeitende des Soldaten bestehenden Zuständigkeitsregelung oblag die Durchführung der Beitragszahlung für die Nachversicherung dem Wehrbereichsgebührnisamt III, Sachgebiet Nachversicherung, in E.

Mit Wertstellung zum 27. Januar 2009 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 13.998,50 EUR bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 18. September 2009 forderte die Beklagte von der Klägerin Säumniszuschläge in Höhe von 17.998,50 EUR für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 27. Januar 2009.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 15. Oktober 2009 Widerspruch ein. Sie berief sich auf die Einrede der Verjährung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.

Die Klägerin hat am 17. Dezember 2009 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt sie vor: Das vor dem 1. Juli 1997 zuständige Wehrbereichsgebührnisamt, das zuletzt die Dienstbezüge an den Soldaten gezahlt habe, sei angewiesen worden, festzustellen, ob ein Anspruch auf lebenslängliche Versorgung bestehe. Sofern dies nicht zugetroffen habe, sei diese Stelle beauftragt gewesen, dem für die Nachversicherung zuständigen Sachgebiet der Wehrbereichsverwaltung eine "Mitteilung zur Nachversicherung" und eine "Bescheinigung über das Diensteinkommen" zu übersenden. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen seien diese Mitteilungen in dem og. Fall nicht an das Wehrbereichsgebührnisamt III in E weitergeleitet worden, so dass die Nachversicherung nicht erfolgt sei. Wegen der nicht mehr vorhandenen Besoldungsakte, die 10 Jahre nach dem Ausscheiden des Soldaten vernichtet worden sei, habe eine fiktive Berechnung für die Nachversicherung durchgeführt werden müssen. Erst mit Schreiben der Beklagten vom 19. November 2008 habe die Klägerin als Wehrbereichsverwaltung West Kenntnis von ihrer Verpflichtung zur Nachversicherung erhalten. Sie berufe sich auf die Einrede der Verjährung. Es sei ein bedauerlicher Einzelfall, dass die Nachversicherung hier aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen vergessen worden sei. Sie als Wehrbereichsverwaltung West habe unverschuldet keine Kenntnis vom Nachversicherungsfall gehabt (in der Person der für die Bearbeitung der Nachversicherung zuständigen Bediensteten der Klägerin). Sie habe auch durch den Erlass vom 12. September 1988 ausreichende Vorkehrungen getroffen, um ein Organisationsverschulden auszuschließen. Im Übrigen habe im Jahre 1991 der Arbeitsbestand der Nachversicherung bei ca. 44.000 Fällen gelegen; monatlich seien ca. 2000 Fälle hinzugekommen. Sie berufe sich zudem auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 -. Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Hinterziehung der Nachversicherungsbeiträge könne ihr nicht vorgeworfen werden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid de...

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