Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Untätigkeitsklage kommt eine Reduzierung des Gebührenrahmens unter dem Gesichtspunkt, dass der Rechtsanwalt bereits im Widerspruchsverfahren tätig gewesen ist, nicht in Betracht.

2. Der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit ist bei einer Untätigkeitsklage im Verhältnis zu den sonstigen Sozialgerichtsverfahren erheblich unterdurchschnittlich. Ebenso gilt das für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Daher ist eine erhebliche Unterschreitung der Mittelgebühr für die Verfahrensgebühr auf einen Betrag von 80,- €. angemessen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Beklagten werden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 04.01.2007 auf 119,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr in einem auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichteten Klageverfahren.

Streitgegenstand des zugrunde liegenden Klageverfahrens war eine Untätigkeitsklage. Die Beklagte hatte den Kläger mit Bescheid vom 07.10.2005 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10. bis zum 30.11.2005 lediglich in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zuzüglich eines Zuschlages nach § 24 SGB II unter Wegfall der Regelleistung bewilligt, da sich der Kläger im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages in Indien aufgehalten hatte. Für die Zeit ab dem 01.12.2005 waren dem Kläger keine Leistungen gewährt worden. Mit Schreiben vom 15.11.2005 hatte der Kläger eine Überprüfung des Bescheides beantragt. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20.12.2005 die Rücknahme des Verwaltungsaktes abgelehnt, da die Überprüfung ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 02.01.2006 Widerspruch, den er mit Schriftsatz vom 16.02.2006 begründete. Am 13.06.2006 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklage und trug zur Begründung vor, dass seit der Widerspruchsbegründung mehr als 4 Monate vergangen seien, ohne dass die Beklagte den Widerspruch beschieden hätte. Am 24.08.2006 erging ein Bescheid der Beklagten, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 06.09.2006 für erledigt. Die Beklagte erklärte sich bereit, die notwendigen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu übernehmen.

Mit Schriftsatz vom 04.12.2006 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung folgender zu erstattender Kosten des Klägers:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 250,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 43,20 Euro

Gesamtbetrag 313,20 Euro

Die Beklagte erstattete dem Kläger einen Betrag von 69,90 Euro, wobei sie eine Verfahrensgebühr in Höhe von 50,00 Euro in Ansatz brachte. Mit Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 04.01.2007 wurden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten in Höhe von 197,20 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr gem Nr. 3102 VV in Höhe von 150,00 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vertretungsaufwand sei als weit unterdurchschnittlich einzustufen. Die im Rahmen einer Untätigkeitsklage vorzunehmenden Prüfungen gehörten zu den einfachsten Problemen, die im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens auftreten könnten.

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte Erinnerung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Verfahrensgebühr sei mit 150,00 Euro zu hoch angesetzt worden. Wenn bei einer Untätigkeitsklage mit dem nur erforderlichen Hinweis auf die Verstreichung der Frist des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eine Gebühr ganz deutlich unter der Mittelgebühr angemessen sei, dürfte kaum eine Möglichkeit bestehen, den gesetzlichen Gebührenrahmen nach unten auch nur annähernd auszuschöpfen.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 197 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung der Beklagten ist begründet. Die zu erstattenden Gebühren und Auslagen sind abweichend von dem Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 119,00 Euro festzusetzen.

Nach § 3 Abs 1 S 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie vorliegend - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dabei ist auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung ni...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?