Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Verfahrensgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
Orientierungssatz
1. Zu den von Nr. 3102 VV-RVG erfassten Verfahren vor den Sozialgerichten gehören auch einstweilige Rechtsschutzverfahren. Der Verfahrensgebührentatbestand der Nr. 3103 VV-RVG gilt damit auch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
2. Eine generelle Kürzung der Mittelgebühr unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt, ist nicht gerechtfertigt.
3. Bei durchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller, durchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragstellers sowie unterdurchschnittlichem Haftungsrisiko des Anwalts ist ein Unterschreiten der Mittelgebühr um 25 % bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren angemessen.
Tenor
Die Erinnerung gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung vom 15.12.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr und hierbei insbesondere die Berücksichtigung der Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Streitgegenstand in dem zugrunde liegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren war die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers (Erinnerungsführerin) hatte gegen einen Änderungsbescheid vom 19.10.2006, mit dem für den Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.12.2006 Leistungen in Höhe von 335,79 Euro bzw. 358,37 Euro bewilligt worden waren, am 24.10.2006 Widerspruch erhoben und geltend gemacht, dass die Berücksichtigung eines sonstigen Einkommens in Höhe von 150,00 Euro rechtswidrig sei und auch eine Aufrechnung in dieser Höhe nicht vorgenommen werden dürfe. Mit einem am 14.11.2006 bei Gericht eingegangenen einstweiligen Rechtsschutzantrag wurde die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Durchführung einer Aufrechnung in Höhe von 150,00 Euro sowie ein Zahlbetrag in Höhe von 358,37 Euro statt der gezahlten 335,79 Euro geltend gemacht. Für den Fall, dass eine Neuberechnung der Leistungen unter Berücksichtigung des unterdessen zum 31.10.2006 erfolgten Auszuges der Ehefrau und des Sohnes des Antragstellers (im Folgenden: Ast) nicht bis zum 22.11.2006 erfolgen würde, wurde die Erweiterung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angekündigt.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ag) bewilligte mit Bescheid vom 09.11.2006, der der Prozessbevollmächtigten des Ast am 27.11.2206 zugegangen ist, für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.12.2006 monatliche Leistungen in Höhe von 800,70 Euro unter Berücksichtigung des Auszuges der Ehefrau und des Sohnes aus der Bedarfsgemeinschaft. Daraufhin erklärte die Prozessbevollmächtigte des Ast das einstweilige Rechtsschutzverfahren für erledigt.
Die mit Prozesskostenhilfebeschluss vom 29.11.2006 beigeordnete Prozessbevollmächtigte beantragte am 04.12.2006, folgende aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen festzusetzen:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV 170,00 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 30,40 Euro
Gesamtbetrag 220,40 Euro
Mit Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15.12.2006 wurden die zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 171,10 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr in Höhe von 127,50 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im einstweiligen Anordnungsverfahren sei als unterdurchschnittlich zu beurteilen. Dabei sei die unterdurchschnittliche Dauer des Verfahrens und der Umstand zu berücksichtigen, dass keine Beweisaufnahme und kein Gerichtstermin stattfinde. Daher sei lediglich eine um 25 vH unter der Mittelgebühr liegende Gebühr als angemessen anzusehen.
Gegen diesen Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte des Ast am 20.12.2006 Beschwerde erhoben und beantragt, die Mittelgebühr in Höhe von 170,00 Euro festzusetzen. Eine generelle Kürzung der Verfahrensgebühr aufgrund der Verfahrensart komme nicht in Betracht. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei schon deshalb nicht unterdurchschnittlich, da auch zum Anordnungsgrund vorzutragen sei. Zudem müsse der existenzsichernde Charakter der Leistungen nach dem SGB II und die sich daraus ergebende überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit berücksichtigt werden.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 56 Abs 1 S 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ( RVG) statthafte Erinnerung ist nicht begründet.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die aus der Staatskasse zu gewährend Vergütung in zutreffender Höhe nach § 55 Abs 1 RVG festgesetzt.
Nach § 3 Abs 1 S 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie vorliegend - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden i...