Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsbeitragspflicht für die Beschäftigung von im Notdienst tätigen Honorarärzten
Orientierungssatz
1. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Absatz 1 Satz 1 SGB IV (juris: SGB 4). Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB IV (juris: SGB 4) eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
2. Die von Notärzten im Rettungsdienst ausgeübten Tätigkeiten können als selbständige Tätigkeiten zu qualifizieren sein.
3. Für eine selbständige Tätigkeit der im Rettungsdienst tätigen Notärzte spricht, wenn jeder einzelne Einsatz freiwillig ist und einer individuellen Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und dem jeweiligen Arzt bedarf.
4. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spricht der Umstand, wenn die im Rettungsdienst tätig werdenden Notärzte hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen unterworfen sind.
5. Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spricht zudem der Umstand, dass als Vergütung neben einem Stundensatz für jeden geleisteten Einsatz im Rettungsdienst eine Pauschale vorgesehen ist, da dann der Notarzt ein eigenes unternehmerisches Risiko trägt.
6. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht der Umstand, dass der Notarzt während der Ausübung seiner Tätigkeit in die durch den Rettungsdienst vorgegebene Organisationsstruktur eingebunden ist und hinsichtlich des Arbeitsortes gebunden ist. Diese Bindung an die Organisationsstruktur und an den Arbeitsort ist jedoch nicht Ausfluss eines Weisungsrechtes de Rettungsdienstbetreibers, sondern ist aufgrund zwingender gesetzlicher Regelungen (hier: § 9 RettG NW) vorgegeben.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.11.2012 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.11.2012, mit dem eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beschäftigung von Honorarärzten für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2011 im Rahmen eines Summenbescheides in Höhe von 217.811,98 EUR geltend gemacht wird.
Die Antragstellerin ist eine Tochtergesellschaft der Katholischen Kliniken im Kreis Kleve und erbringt Dienstleistungen für diese Kliniken. Bei den Kliniken handelt es sich um das Wilhelm-Anton-Hospital in Goch, das St. Antonius-Hospital in Kleve, dass Marien-Hospital in Kevelaer und dass St. Nikolaus-Hospital in Kalkar. Die Antragstellerin wurde von den Katholischen Kliniken beauftragt, zur Abdeckung von ärztlichen Diensten im Rahmen des Rettungsdienstes des Kreises Kleve und von klinikbezogenen Diensten (Bereitschaftsdienste, Stationsdienste und Rufdienste in den einzelnen Kliniken) Verträge mit Ärzten abzuschließen, die bereit sind, ärztliche Tätigkeiten im Rettungsdienst und in den Stationsdiensten, Bereitschaftsdiensten und Rufdiensten der einzelnen Kliniken zu übernehmen. Auf der Basis dieser vertraglichen Vereinbarungen wurden im Jahr 2010 insgesamt 230 Ärzte im Rettungsdienst und in den Diensten der einzelnen Kliniken tätig und im Jahr 2011 insgesamt 278 Ärzte. Davon übten im Rettungsdienst im Jahr 2010 126 Ärzte und im Jahr 2011 121 Ärzte Tätigkeiten aus.
Hintergrund des Einsatzes der Ärzte im Rettungsdienst ist eine am 01.01.2009 in Kraft getretene Kooperationsvereinbarung, die der Krankenhausträger des St. Antonius-Hospitals Kleve, des St. Nikolaus-Hospitals Kalkar, des Wilhelm-Anton-Hospitals Goch und des Marien-Hospitales Kevelaer und der Kreis Kleve als Träger des Rettungsdienstes auf der Grundlage des § 8 Absatz 1 Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes NRW (KHGG NRW) und des § 11 Absatz 2 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmen (RettG NRW) geschlossen haben. Darin ist geregelt, dass die genannten Krankenhäuser für den Einsatz im Rettungsdienst jeweils einen Notarzt zur Verfügung stellen. Die Notarztgestellung erfolgt danach an den Krankenhäusern Kleve, Goch und Kevelaer ganzjährig rund um die Uhr und an dem Krankenhaus Kalkar von Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr mit Ausnahme der Wochenfeiertage. Einsatz und Alarmierung des Notarztes erfolgen durch die Leitstelle für Feuerschutz und Rettungsdienst des Kreises Kleve. Der Krankenhausträger gewährleistet, dass die Notärzte sofort bei Eingang der Notfallmeldung zum Notfallort ausrücken können. In § 2 der Vereinbarung ist geregelt, dass der Notarzt gegenüber allen Beteiligten ein Weisungsrecht hat und dass die Aufstellung der Dienstpläne und der Diensteinteilung für den Notarzt Aufgabe des Krankenhausträgers ist. Gegenstand der Vereinbarung ist ferner, dass der Einsatz des jeweiligen Notarztes überwie...