Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrecht: Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit bei einem Notarzt
Orientierungssatz
Bei einer Tätigkeit als Notarzt kann jedenfalls dann von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden, wenn der Notarzt zur Übernahme eines bestimmten Dienstes nicht verpflichtet ist und konkrete Vorgaben zur Tätigkeitsausübung, soweit sich diese nicht aus einem Gesetz zum Rettungsdienst ergeben, nicht erteilt werden können. Dabei spricht auch die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars, wenn dieses nur für tatsächlich geleistete Stunden gezahlt wird, gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2016 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 27.12.2016 in der Fassung des Änderungsbe-scheides vom 21.03.2019 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Notarzt bei der Beklagten vom 04.02.2015 bis zum 05.02.2015 10.02.2015 bis 11.02.2015 19.02.2015 bis 20.02.2015 24.02.2015 bis 25.02.2015 26.02.2015 bis 27.02.2015 (St. X-Krankenhaus) 12.02.2015 bis 13.02.2015 17.02.2015 bis 18.02.2015 (X-stift) nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist und keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung be-standen hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2) und 3), die diese selbst tragen. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahren über die Frage, ob die Tätigkeit des Beigeladenen als (externer) Notarzt im Rettungsdienst im Auftrag der Klägerin als Träger zweier Krankenhäuser im Februar 2015 als selbständiger Honorararzt oder im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde.
Der Beigeladene ist Facharzt für Anästhesiologie und Notfallmedizin. Zum Ende Juli 2014 kündigte er sein vollzeitiges Angestelltenverhältnis. Seitdem war er hauptberuflich mit Kurzeinsätzen in diversen Krankenhäusern entweder als Anästhesist im OP oder im Rettungsdienst tätig, wobei die Einsätze entweder im Angestelltenverhältnis mit Arbeitnehmerüberlassung bei der Firma "X" erfolgten, oder als selbständiger Honorararzt unter Zuhilfenahme von Vermittlungsportalen wie - wie hin diesem Fall - "X". Dort können sich jeweils Ärzte einerseits und Einrichtungen andererseits registrieren lassen. Krankenhäuser wenden sich an diese Vermittlungsportale, wenn sie den Bedarf (hier: für den Notarztdienst) durch die eigenen Mitarbeiter nicht abdecken können; diese fragen dann per E-Mail bei den bei ihnen gemeldeten Ärzten an, die frei entscheiden, ob sie zusagen oder nicht.
Am 02.02.2015 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen nach Vermittlung durch das Portal "X" jeweils einen gleichlautenden Honorararzt-Vertrag für das St. X-Krankenhaus und für das X-stift für jeweils im Einzelnen aufgeführte Tage im Februar 2015 ab.
Im Honorararztvertrag zwischen der Klägerin (St X-Krankenhaus) als Auftraggeber und dem Beigeladenen als Auftragnehmer vom 03.02.2015 heißt es:
" § 1 Vertragsgegenstand Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer mit der selbständigen ärztlichen Betreuung und Behandlung von Patienten im Notarztdienst.
Die erteilten Aufträge des Auftraggebers für Dritte führt der Auftragnehmer in eigener Verantwortung aus. Dabei hat er zugleich die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Auftragnehmer unterliegt grundsätzlich keinem Weisung-und Direktionsrecht seitens des Auftraggebers. Er hat jedoch die fachlichen und organisatorischen Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als ist die ordnungsmäßige Vertragsdurchführung erfordert. Die vereinbarten Leistungen kann der Auftragnehmer auch durch Dritte erbringen lassen, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 erfüllen.
§ 2 Voraussetzungen zur Ausübung der übertragenen Tätigkeiten Der Auftragnehmer besitzt alle wichtigen und notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung der ihm aufgetragenen Tätigkeiten. Er ist weder vorbestraft, noch läuft ein Entziehungsverfahren der ärztlichen Berufserlaubnis gegen ihn. Dieses hat er durch vorlegen seiner Originalunterlagen beim Auftraggeber zu belegen. Der Auftragnehmer versichert, dass er nicht wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist.
§ 3 Vertragszeitraum Das Vertragsverhältnis beginnt am 02.02.2015, 16:30 Uhr und endet am 27.02.2015, 8:30 Uhr. Die konkreten Einsatzzeiträume sind wie folgt vereinbart: - 02.02.2015, 16:30 Uhr bis 03.02.2015, 8:30 Uhr, (handschriftlich korrigiert in 04.02. - 05.02.2015) - 10.02.2015, 16:30 Uhr bis 11.02.2015, 8:30 Uhr, - 19.02.2015, 16:30 Uhr bis 20.02.2015, 8:30 Uhr, - 24.02.2015, 16:30 Uhr bis 25.02.2015, 8:30 Uhr, - 26.02.201, 16:30 Uhr bis 27.02.2015, 8:30 Uhr. Eine Kündigung ist nur wichtig aus wichtigem Grund möglich. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
§ 4 Ablehnungsrec...