Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungsfiktion eines hinreichend bestimmten Leistungsantrags des Versicherten bei nicht rechtzeitiger Bescheidung durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB 5 gewährt dem Versicherten sowohl einen Sachleistungs- als auch einen Kostenerstattungsanspruch, wenn die Krankenkasse einen hinreichend bestimmten Leistungsantrag des Versicherten nicht fristgerecht bescheidet.
2. Die Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der Leistung ist keine Voraussetzung eines Anspruchs nach § 13 Abs. 3a SGB 5. Voraussetzung ist lediglich, dass der Versicherte die beantragte Leistung für erforderlich halten durfte und die Leistung nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt.
3. Die medizinische Einzelfallprüfung wird durch die Regelung des § 13 Abs. 3a SGB 5 entbehrlich.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2015 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin antragsgemäß drei postbariatrische Wiederherstellungsoperationen (Bodylift nach Lockwood, Oberschenkelstraffung bds., Oberarmrekonstruktion bds.) als Sachleistung zu gewähren.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für Bodylift und Hautstraffungsmaßnahmen nach einer erheblichen Gewichtsabnahme.
Die am 11.06.1980 geborene Klägerin hat mit Schreiben vom 03.11.2014 ein Antrag auf Kostenübernahme für folgende Maßnahmen gestellt:
1. Zirkuläre Dermofettresektion (modifiziertes Bodylift nach Lockwood)
2. Oberschenkelrekonstruktion beidseitig
3. Brust- und laterale Thoraxstraffung beidseitig
4. Oberarmrekonstruktion beidseitig.
Laut Eingangsstempel der Beklagten ist der Antrag am 06.11.2014 bei dieser eingegangen. Die Klägerin führte in diesem Antrag aus, sie habe nach einer Schlauchmagen-Operation im Juni 2013 über 60 kg abgenommen. Aufgrund der Abnahme sei eine starke Faltenbildung der Haut durch Erschlaffung dieser entstanden, besonders im Bereich des Bauches, der Brust sowie der Oberarme und Oberschenkelinnenseiten. Ihr Körpergewicht habe zur Zeit der Operation 187 kg bei einer Körpergröße von 173 cm gelegen. Seit vier Monaten liege ihr Körpergewicht konstant bei 117 kg. An den Faltenstellen der Haut habe sie zunehmend Probleme mit wiederkehrenden Entzündungen und Hautreizungen Sie treibe regelmäßig Sport, wobei es durch die Schweißbildung zu übelriechenden Ausschlägen und offenen, juckenden Stelle käme. In den warmen Monaten bestünde dieses Problem auch ohne sportliche Aktivität. Zudem behinderten die Fettschürze am Bauch und die stark erschlafften Brüste erheblich ihre Bewegungsfreiheit bei körperlicher Betätigung und führten zu starken Schmerzen im Rückenbereich.
Diesem Antrag legte die Klägerin zwei ärztliche Atteste des plastischen Chirurgen Dr. M. Sch. vom St. Mauritius-Krankenhaus D. vom 27.10.2014 und vom 08.10.2014 bei, in denen die geplanten Operationen genauer ausgeführt werden. Des Weiteren legte sie ein Attest des behandelnden Orthopäden Dr. St. vom 13.10.2014 und ihres Hausarztes Dr. B. vom 02.10.2014 bei.
Mit Schreiben vom 10.11.2014 informierte die Beklagte die Klägerin, dass der medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) weitere Unterlagen zur Beurteilung des Antrags benötige. Es wurden folgende Unterlagen angefordert:
- Entlassungsbericht der Krankenhausbehandlung vom 25.06.2013 bis 28.06.2013,
- Angabe von BH-Größe und Minimalgewicht,
- Fotodokumentation, falls vorhanden.
Des Weiteren teilte die Beklagte mit, dass die Klägerin informieren würde, sobald sämtliche Unterlagen eingegangen seien und eine Entscheidung des MDK vorliege.
Die angeforderten Informationen gingen bei der Beklagten am 21.11.2014 ein. Die Beauftragung des MDK erfolgte am 24.11.2014. Am 09.12.2014 erfolgte die Begutachtung der Klägerin durch den MDK. Das entsprechende Gutachten wurde am 11.12.2014 erstellt und am 12.12.2014 an die Beklagte übersandt. Bei der Begutachtung stellte die Gutachterin des MDK Hautfalten im Bauchbereich, am Rücken, an den Oberarmen und an den Oberschenkeln fest. Hautveränderungen oder Funktionsbeeinträchtigungen konnten nicht festgestellt werden. Darüber hinaus wird in dem Gutachten ausgeführt, dass bei der Klägerin weiterhin ein deutliches Übergewicht mit einen BMI von 3 8,8 kg/m2 vorliege und eine weitere Gewichtsreduktion indiziert sei. Aufgrund der fehlenden Hauterkrankungen und funktionellen Beeinträchtigungen wird eine Kostenübernahme insgesamt abgelehnt.
Mit Bescheid vom 15.12.2014 lehnte die Beklagte aufgrund der Begutachtung durch den MDK die Kostenübernahme ab.
Mit Schreiben vom 15.12.2014, eingegangen am 23.12.2014, erhob die Klägerin Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein ergänzendes Schreiben des plastischen Chirurgen Dr. Sch. des St. Mauritius-Krankenhaus D. vom 16.02.2015 vor.
Die Beklagte holte im Widerspruchsverfahren erneut ein Gutac...