Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. keine Überprüfung des rechtmäßigen Bezugs bei ehemaligen Beziehern von Arbeitslosengeld II durch die Krankenkasse. Rechtmäßigkeit des Bezugs von Arbeitslosengeld II bis zur Entscheidung im Einigungsstellenverfahren
Orientierungssatz
1. Die Krankenkassen sind bei der Beurteilung eines iS von § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Halbs 2 SGB 5 unrechtmäßigen Alg-II-Bezugs an die Entscheidung der Träger nach dem SGB 2 gebunden (vgl LSG Essen vom 17.8.2006 - L 5 B 41/06 KR ER und vom 31.8.2006 - L 11 B 18/06 KR ER).
2. Selbst dann, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Arbeitssuchende erwerbsunfähig war und ist, kommt eine Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II nur für die Zukunft in Betracht. Bis zur Entscheidung im Einigungsstellenverfahren ist der Bezug von Arbeitslosengeld II als rechtmäßig anzusehen.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 06.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2006 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, die freiwillige Versicherung ab dem 01.03.2006 durchzuführen.
Die Kosten werden der Beklagten auferlegt.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin als freiwillig versichertes Mitglied bei der beklagten Krankenkasse zum 01.03.2006 aufzunehmen ist.
Die 1944 geborene Klägerin leidet seit 2002 an einer psychischen Störung, die im Jahr 2005 zu mehrmonatigen Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken führte. Der körperliche und geistige Zustand der Klägerin hat sich seitdem immer weiter verschlechtert. Ein Betreuer wurde für die Klägerin bestellt.
Seit dem 01.01.2005 bezog die Klägerin Leistungen nach § 19 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Arbeitslosengeld II (ALG II) und war deshalb bei der Beklagten pflichtversichert. Während des Bezuges von Sozialhilfe in den Jahren davor war die Klägerin nicht krankenversichert. Mit Bescheid vom 25.04.2006 hob die ARGE D als zuständiger Träger nach dem SBG II die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung zum 01.03.2006 auf. Seit dem 01.03.2006 bezieht die Klägerin Leistungen nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch die Beigeladene.
Die Betreuerin der Klägerin stellte für diese im Mai 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Durchführung der freiwilligen Versicherung ab dem 01.03.2006.
Die ARGE teilte auf Anfrage der Beklagten mit, der Grund, der zur Einstellung der Leistungen geführt habe, liege seit dem 19.10.2005 vor. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.06.2006 die Durchführung der freiwilligen Versicherung ab. Da die Klägerin seit dem 19.10.2005 Leistungen nach dem ALG II zu Unrecht erhalten habe, könne diese Zeit der Mitgliedschaft nicht als Vorversicherungszeit berücksichtigt werden. In Ermangelung ausreichender Vorversicherungszeiten seien die Voraussetzungen einer freiwilligen Versicherung - § 9 Abs. 1 Nr. 1 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - nicht erfüllt.
Die Klägerin hat am 21.07.2006 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch die Beklagte beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei über den Bezug von ALG II pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V gewesen in der Zeit vom 01.01.2005 bis 28.02.2006, damit unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der Versicherung ununterbrochen mindestens 12 Monate pflichtversichert. Die Voraussetzungen für die freiwillige Krankenversicherung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V lägen vor. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, der Klägerin bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung vorläufig Leistungen der freiwilligen Krankenversicherung nach dem SGB V zu gewähren.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 06.06.2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2006 zurück. Auch wenn das ALG II aus Sicht der ARGE zu Recht im Rahmen des § 44a SGB II gezahlt worden sei, sei der Bezug seit dem 19.10.2005 zu Unrecht erfolgt. Im Ergebnis solle verhindert werden, dass wegen fehlender Erwerbsfähigkeit zu Unrecht bezogenes ALG II dazu führe, dass nach Ende des unrechtmäßigen Leistungsbezuges eine dauerhafte freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse begründet werden könne.
Hiergegen richtet sich die am 23.11.2006 erhobene Klage.
Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verfahren des Einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen für die Klägerin die freiwillige Versicherung durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB V regele, dass bei den erforderlichen Vorversicherungszeiten für die freiwillige Versicherung Versicherungszeiten nicht berücksichtigt würden, in denen eine Versicherung allein deshalb bestanden habe, weil ALG II zu Unrecht bez...