Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Verletzung Beratungspflicht durch Grundsicherungsträger. Vermögensberücksichtigung. Absetzung des Freibetrages für Altersvorsorgevermögen. Vereinbarung Verwertungsausschlusses für Lebensversicherung
Orientierungssatz
1. Dem Arbeitsuchenden ist im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein Freibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB 2 einzuräumen, wenn er vom Grundsicherungsträger nicht auf die Möglichkeit der Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses für seine Kapitallebensversicherung nach § 165 Abs 3 VVG hingewiesen wurde.
2. Soweit zivilrechtliche Normen und darauf beruhende Vereinbarungen ausschließlich den Zweck erfüllen, sozialrechtliche Ansprüche zu ermöglichen, besteht eine so große Sachnähe zwischen den zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und den sozialrechtlichen Ansprüchen, dass sich entsprechende Beratungspflichten des Sozialleistungsträgers auch auf diese Gestaltungsmöglichkeiten beziehen.
3. Unabhängig hiervon sieht der Wortlaut des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB 2 nur einen Verwertungsausschluss aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung vor. Ein solcher Ausschluss hätte unter Umständen auch durch Abtretung der Versicherung an den Grundsicherungsträger erreicht werden können.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 31.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 13.06.2005 verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 11.05.2005 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Vermögen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - für die Zeit vom 23. Mai 2005 bis zum 31. Juli 2005. Streitig ist insbesondere die Frage, ob der Kläger über verwertbares Vermögen in Form einer Lebensversicherung verfügt.
Der am 17. August 1949 geborene Kläger beantragte am 11. Mai 2005 für sich und seine am 19. Januar 1954 geborene Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Auf dem Antragsformular gab er an, bis zum 22. Mai 2005 Arbeitslosengeld nach dem SGB III in Höhe von täglich 36,32 EUR erhalten zu haben. Als Unterkunfts- und Heizkosten gab er insgesamt einen Betrag in Höhe von 420,44 EUR unter Vorlage einer entsprechenden Vermieterbescheinigung an. Monatliche Einkünfte seien nicht vorhanden. Auf dem Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens nannte der Kläger folgende Beträge: Girokonto 2160,76 EUR Bargeld 200,00 EUR Kapitallebensversicherung/ Rückkaufswert 27401,00 EUR Bausparvertrag 4548,59 EUR.
Auf das Antragsformular einschließlich Anlagen wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 31. Mai 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab. Bei einem zu berücksichtigenden Vermögen von insgesamt 35.431,35 EUR, das den Grundfreibetrag in Höhe von 24200,- EUR übersteige, sei der Kläger nicht hilfebedürftig. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.
Mit seinem Widerspruch vom 06. Juni 2005 führte der Kläger aus, in die Berechnungen des verwertbaren Vermögens sei eine Lebensversicherung eingerechnet, die als zusätzliche Altersvorsorge eingeplant gewesen sei. Bedingt durch die Arbeitslosigkeit sei er nicht mehr in der Lage gewesen, den monatlichen Betrag in Höhe von 293,18 EUR zu zahlen und habe deshalb die Versicherung in eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt. Dadurch habe er bereits einen erheblichen Verlust erlitten. Eine Beleihung sei unwirtschaftlich. Auf den Widerspruch im Übrigen wird Bezug genommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2005 als unbegründet zurück. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage bezieht sich der Kläger auf den Inhalt seines Widerspruchs. Ergänzend trägt er vor, seine Altersrente werde nach einer Berechnung der LVA Rheinland prognostiziert auf Grundlage der heutigen Gesetzeslage lediglich 1148,04 EUR betragen. Die Lebensversicherung stelle also eine sehr bescheidene Aufbesserung des zu erwartenden Lebensstandards dar. Um diese Möglichkeit werde er gebracht, wenn er die Versicherung bereits jetzt verwerten müsse. Den Bausparvertrag habe zur Sicherung seines derzeitigen Lebensunterhaltes kapitalisiert.
Nach dem das Gericht den Kläger mit Schreiben vom 05. August 2005 auf § 12 Abs 2 Nr SGB II hingewiesen hat, hat der Kläger unter dem 29. August 2005 einen Verwertungsausschluss gemäß § 165 Abs 3 Versicherungsvertragsgesetz mit seinem Lebensversicherungsträger vereinbart.
Zur Klagebegründung ergänzend führt er anschließend aus, er habe bereits bei Antragstellung am 11. Mai 2005, spätestens jedoch innerhalb des Widerspruchsverfahrens auf § 12 Abs 2 Nr SGB II hingewiesen werden müssen. Soweit ihm...