Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Gewährung unangemessener Kosten der Unterkunft

 

Orientierungssatz

Unangemessene Kosten der Unterkunft sind nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 nur solange anzuerkennen, als es dem Berechtigten nicht möglich ist, diese durch einen Wohnungswechsel zu senken, längstens jedoch für sechs Monate. Durch einen Umzug während des Leistungsbezugs geht der Anspruch auf Übernahme der vorherigen unangemessenen Unterkunftskosten verloren. Ein Leistungsberechtigter, der während des Bezugs von Leistungen des SGB 2 umzieht, unterfällt dem Schutzbereich des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 nur in Sonderfällen, wie z. B. bei Krankheit (BSG Urteil vom 10. 6. 2008, L 3 AS 41/06).

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2015 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 07.08.2015 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 01.01.2015 bis 30.06.2015 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 8,00 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 6 %.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von höheren Kosten der Unterkunft.

Die alleinstehende Klägerin stand im streitgegenständlichen Zeitraum (Januar bis Juni 2015) bei der Beklagten Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II).

Die Klägerin wohnte zunächst in einer Wohnung in der M.Straße in M., für die sie eine Kaltmiete i.H.v. 351,00 EUR, Betriebskosten i.H.v. 110,00 EUR sowie Heizkosten i.H.v. 64,00 EUR zu zahlen hatte. Am 21.01.2014 schrieb die Beklagte die Klägerin nach dem Auszug von deren Tochter an und teilte ihr mit, dass beabsichtigt sei, sie zur Senkung der Unterkunftskosten aufzufordern (Bl. 118 der Leistungsakte). Gleichzeitig informierte sie die Klägerin, dass für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnungsgröße von höchstens 50 m² als angemessen gelte und die Bruttokaltmiete einen Betrag von höchstens 6,80 EUR pro Quadratmeter nicht übersteigen dürfe. Die Beklagte übernahm jedoch weiter die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. Leistungsbescheid Bl. 192 der Leistungsakte). Mit Mietvertrag vom 13.11.2014 mietete die Klägerin zum 15.11.2014 ihre nunmehr bewohnte Wohnung in der M.-Straße in M. an, ohne zuvor um die Zustimmung der Beklagten zum Umzug nachzusuchen. In dem Mietvertrag (vgl. Bl. 229 ff. der Leistungsakte) vereinbarte die Klägerin mit ihrer Vermieterin die Zahlung einer Kaltmiete i.H.v. 375,00 EUR, eine Betriebskosten i.H.v. 100,00 EUR sowie eine Heizkostenvorauszahlung i.H.v. 30,00 EUR. Nachdem die Beklagte am 04.03.2015 Kenntnis von dem Umzug der Klägerin erhielt, erließ sie den streitigen Änderungsbescheid vom 25.03.2015, in dem sie die neuen Unterkunftskosten der Klägerin im Zeitraum Januar bis Juni 2015 nur i.H.v. 265,00 EUR (Kaltmiete) und 75,00 EUR (kalte Betriebskosten) sowie die tatsächlichen Heizkosten i.H.v. 30,00 EUR, mithin einen Gesamtbetrag i.H.v. 370,00 EUR, anerkannte. Mit Schreiben vom 07.04.2015 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.03.2015 ein und begründete diesen mit Schreiben vom 01.06.2015. Mit Schreiben vom 17.06.2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten und begründet den Widerspruch weiter dahingehend, dass sich die Unterkunftskosten der Klägerin durch den Umzug nicht erhöht hätten. Eine Kürzung sei nur dann möglich, wenn zuvor eine Kostensenkungsaufforderung ergangen sei, die die Klägerin jedoch nicht erhalten habe. Im Zuge des Widerspruchsverfahrens wies die Klägerin der Beklagten nach, dass ihre neue Wohnung über eine dezentrale Warmwasseraufbereitung verfügte. Mit Teilabhilfebescheid vom 07.08.2015 entsprach die Beklagte dem Begehren der Klägerin in Bezug auf einen Mehrbedarf für die zentrale Warmwasseraufbereitung und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Unter anderem führte sie aus, dass der Umzug der Klägerin grundsätzlich zwar als erforderlich hätte angesehen werden können. Allerdings seien die Unterkunftskosten der neuen Wohnung nicht angemessen, sodass nicht die tatsächlichen, sondern nur die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen seien. Am 28.08.2015 erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem erkennenden Gericht.

Die Klägerin trägt vor, sie habe keine Kostensenkungsaufforderung erhalten. In dem Schreiben vom einen 20.01.2014 sei ihr nur mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, sie zur Senkung der Unterkunftskosten aufzufordern. Schon deshalb seien die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung durch die Beklagte zu übernehmen. Auch lägen die jetzigen tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung unterhalb derer für die alte Wohnung. Zudem lägen die tatsächlichen Unterkunftskosten der Klägerin in angemessenem Bereich und seien auch deshalb von der Beklagten in der tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Der von der Beklagten zugrunde gelegte Quadratmeterpre...

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