Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter. Berücksichtigung von Einkommen. Anrechnung von Leistungen einer ausländischen Invalidenrente wegen im 2. Weltkrieg erlittener Verletzungen auf den Leistungsanspruch
Orientierungssatz
Ausländische Renten, die einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung im Alter aufgrund eines im 2. Weltkrieg erlittenen Leidens gewährt werden (hier: russische Invalidenrente als Blockadeopfer), sind nicht als Einkommen auf die Grundsicherungsleistung anzurechnen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Rente für eine Invalidität gewährt wird, die unmittelbar auf Kriegseinwirkungen zurück geht.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 20.07.2011, 22.08.2011, 21.09.2011, 21.10.2011 und 21.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2011 sowie der Änderungsbe-scheide vom 19.12.2011, 20.01.2012, 22.02.2012, 23.03.2012 und 20.04.2012 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.08.2011 weitere Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ohne Anrechnung russischer Renten als Einkommen und für die Zeit vom 01.09.2011 bis 30.06.2012 ohne Anrechnung der auf die Leiden der Kläger im Zwei-ten Weltkrieg bezogenen Rentenanteile zu gewähren. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern gewährten Leistung nach dem 4. Kapitel Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch (SGB XII), insbesondere um die Anrechenbarkeit einer russischen Invalidenrente für Blockadeopfer Leningrads, bzw. für Invali-den des Großen Vaterländischen Krieges als Einkommen.
Der im Jahr 19xx geborene Kläger und die im Jahr 19xx geborene Klägerin sind russi-sche Staatsangehörige. Es handelt sich bei den Klägern um Cousin und Cousine, die eine gemeinsame Wohnung in Stadt D. bewohnen. Beide sind verwitwet. Sie beziehen seit Jahren Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII von der Beklagten, ursprünglich ohne Anrechnung von Einkommen. Darüber hinaus gewährt die Beklagte den Klägern Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII. Beim Kläger liegt ausweislich seines Schwerbehindertenausweises ein Grad der Behinde-rung (GdB) von 80 und Merkzeichen G vor, bei der Klägerin ein GdB von 100 und Merkzeichen G.
Mit Schreiben vom 01.02.2011 wies die Beklagte die Kläger daraufhin, dass diese möglicherweise einen Anspruch auf eine russische Rente haben könnten, die ge-genüber den Leistungen nach dem SGB XII vorrangig sei. Es werde daher darum gebeten, einen entsprechenden Antrag zu stellen und die Bemühungen nachzuweisen. Die Kläger teilten mit Schreiben vom 14.02.2011 mit, dass sie bereits vor ihrem Umzug nach Deutschland im Mai 20xx eine russische Rente bezogen haben. Allerdings sei die Rente gering und werde an Bekannte, bzw. Verwandte in Russland gezahlt, die hiermit die Grabpflege von Gräbern Angehöriger sicherstellen sollten. Seit dem Umzug nach Deutschland hätten sie daher von ihren russischen Renten nichts erhalten.
Mit Schreiben vom 25.02.2011 forderte die Beklagte die Kläger auf, unverzüglich einen aktuellen Nachweis über die Höhe der russischen Renten zu erbringen. Aus einer Be-scheinigung des russischen Rentenversicherungsträgers vom 24.03.2011 ergab sich die Rente des Klägers, aus einer Bescheinigung vom 11.05.2011 die der Klägerin. An-teilig in der Rente des Klägers war unter anderem eine Invalidenrente als "Invalide des Großen Vaterländischen Krieges" i.H.v. 10.622,81 Rubel und eine "DEMO-Rente" i.H.v. 1.000,00 Rubel enthalten und in der Rente der Klägerin eine Invalidenrente i.H.v. 4.323,76 Rubel, die für Personen mit dem Abzeichen "Bewohner der Blocka-destadt Leningrad" gewährt wird sowie eine "DEMO-Rente" i.H.v. 500,00 Rubel.
Mit Bescheid vom 20.07.2011 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit von August 2011 bis Juni 2012 i.H.v. insgesamt 616,87 EUR monatlich. Sie berücksichtigte hierbei die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (381,24 EUR Grundmiete zzgl. 60,94 EUR Heizkostenvorauszahlung) und legte für die Kläger jeweils den Mischregelsatz i.H.v. 328,00 EUR, einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.H.v. 55,76 EUR pro Person und einen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 S.GB XII i.H.v. 7,54 EUR pro Person zugrunde. Zudem rech-nete sie beim Kläger eine russische Rente i.H.v. 274,25 EUR und bei der Klägerin i.H.v. 333,66 EUR als Einkommen auf die Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII an. Beim Kläger ging sie dabei von einer russischen Rente i.H.v. insgesamt 10.622,00 Rubel, bei der Klägerin i.H.v. insgesamt 13.504,00 Rubel monatlich aus und legte den Wech-selkurs vom 29.04.2010 bzw. 30.12.2010 zugrunde.
Die Kläger erhoben hiergegen unter dem 04.08.2011 Widerspruch. Die russischen Renten stünden ihnen noch nicht zur Verf...