Entscheidungsstichwort (Thema)

GdB-Bewertung nach eingetretener Heilungsbewährung

 

Orientierungssatz

1. Die Herabsetzung des GdB im Schwerbehindertenrecht setzt den Eintritt einer wesentlichen Änderung voraus. Eine solche Änderung im Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung ist wesentlich, wenn der Vergleich des gegenwärtigen mit dem verbindlich festgestellten Gesundheitszustand eine GdB-Differenz von mindestens 10 bedingt.

2. Unabhängig davon stellt der Ablauf einer Heilungsbewährung die nach § 48 Abs. 1 SGB 10 erforderliche Änderung dar. Nach der Entfernung eines malignen Schilddrüsentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. Nach Entfernung des Tumors ohne Lymphknotenbefall beträgt der GdB während dieser Zeit 50. Sind nach Ablauf von fünf Jahren weder Rezidive noch Metastasen aufgetreten, liegt ein feststellbarer GdB insoweit nicht mehr vor.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung von 60 auf 30, begehrt die bestimmte Bezeichnung von Behinderungen und Feststellung eines GdB von 70.

Bei dem 1957 geborenen Kläger war im April 2002 unter der Diagnose Papilläres Mikro-Karzinom im linken Schilddrüsenlappen, Tumorstadium pT 1, eine totale Thyreoidektomie und im Mai 2002 als Folgeoperation eine laparoskopische Appendektomie erfolgt.

Auf Antrag des Klägers vom 08.10.2003 hin hatte das Versorgungsamt Duisburg mit Bescheid vom 13.10.2003 mit der Behinderungsbezeichnung: "Operierte Schilddrüsenerkrankung mit totaler Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenentfernung 04/2002 im Stadium der Heilungsbewährung" mit Bescheid vom 13.10.2003 einen GdB von 50 festgestellt und auch im Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 27.01.2004) daran festgehalten. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg (S 22 SB 47/04) erstattete der Arzt für innere Medizin Dr. W. unter dem 27.09.2004 ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass bei dem Kläger vorlagen: 1. Gesundheitsschädigung des Stoffwechsels und der inneren Sekretion bei a. totaler operativer Schilddrüsenentfernung infolge multifaktorieller Schilddrüsenerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung b. Nebenschilddrüsenfunktionsverlust Einzel-GdB 50 2. Allergische Diathese bei vielfältiger Allergie mit wiederholten allergischen Hautreaktionen, allergischen Reaktionen des Bronchialsystems und allergischen Allgemeinreaktionen Einzel-GdB 20 3. Gesundheitsschädigung von Kopf und Gesicht bei a. Gesichtsnerventeillähmung b. rückfälliger Kopfschmerzsymptomatik Einzel-GdB 10 4. Gesundheitsschädigung von Mundhöhle, Rachenraum und oberen Luftwegen mit Mundtrockenheit Einzel-GdB 10 und der Gesamt-GdB 60 betrage.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.03.2005 einigten sich die Beteiligten darauf, dass auf der Grundlage dieser Feststellungen der GdB mit 60 ab Antragstellung festzustellen sei. Mit Bescheid vom 30.03.2005 hatte das Versorgungsamt Duisburg diesen Vergleich umgesetzt.

Im Mai 2007 leitete die Beklagte die Überprüfung des GdB ein. Der Kläger überreichte der Beklagten verschiedene medizinische Unterlagen, unter anderem einen Bericht des Marienhospitals Wesel vom 02.01.2006, in dem es zum Karzinom der Schilddrüse heißt, zusammenfassend liege ein unauffälliger Nachsorgeuntersuchungsbefund vor. Diese Unterlagen sowie einen Befundbericht der Dres. N. aus Wesel vom 12.06.2007 wertete Dr. K. in einer gutachterlichen Stellungnahme für das Versorgungsamt Duisburg vom 17.07.2007 dahingehend aus, dass nunmehr vorliege eine operierte Schilddrüsenerkrankung mit totaler Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenentfernung im Stadium der abgelaufenen Heilungsbewährung sowie ein Nierensteinleiden, beide mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Dr. B. kam in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 03.08.2007 für das Versorgungsamt Duisburg zu dem Ergebnis, dass vorlägen: 1. Totale Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenentfernung 04/2002 bei Tumorleiden nach Eintritt der Heilungsbewährung, Calciumstoffwechselstörung Einzel-GdB 20 2. Allergieneigung, erhöht reizbare Bronchialschleimhaut Einzel-GdB 20 3. Gesichtsnerventeillähmung links, rückfällige Kopfschmerzen Einzel-GdB 10 4. Schleimhautfunktionsstörung des Mundgebietes Einzel-GdB 10 5. Nierensteinleiden Einzel-GdB 10 und der Gesamt-GdB 30 betrage. Nach Anhörung des Klägers zur beabsichtigten Herabsetzung des GdB von 60 auf 30 und der vom Kläger im Schriftsatz vom 10.01.2007 geäußerten Auffassung, dass der Gesamt-GdB vielmehr sogar 70 betragen müsse, stellte das Versorgungsamt Duisburg mit Bescheid vom 08.10.2007 einen GdB von 30 fest. Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2008 zurück.

Zur Begründung seiner am 25.03.2008 erhobenen Klage meint der Kläger, eine Heilungsbewährung könne nicht eingetreten sein, weil Schilddrüse und Nebenschilddrüsen entfernt seien. Das sei ein Dauerzustand. Jedenfalls betreffend der Nebenschilddrüse könne keine Heilun...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?