Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit des Ausschlusses von Leistungen der Grundsicherung für den arbeitsuchenden Ausländer ohne ausreichende Existenzmittel
Orientierungssatz
1. Von Leistungen des SGB 2 sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 2 u. a. Ausländer ausgeschlossen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. FreizügG ergibt, d. h. wenn sie sich allein zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten.
2. Der Leistungsausschluss ist nicht wegen Verstoßes gegen Europarecht unanwendbar. Arbeitsuchende haben nur ein eingeschränktes Aufenthaltsrecht. Unionsbürger, welche keine Arbeitnehmereigenschaft besitzen, müssen über ausreichende Existenzmittel verfügen. Der Aufnahmestaat ist nicht verpflichtet, Arbeitsuchenden während des Zeitraums der Arbeitsuche einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren.
3. Spricht der Ausländer kein Deutsch, ist ihm deshalb ein Zugang zum Arbeitsmarkt erheblich erschwert und ist eine tatsächliche Verbindung mit dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ersichtlich, so bleibt der arbeitsuchende Ausländer von Leistungen des SGB 2 ausgeschlossen.
4. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 2 verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht und ist verfassungsgemäß. Diese Regelung gilt auch, mangels eines bestehenden Anordnungsanspruchs, für das Recht des einstweiligen Rechtsschutzes.
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der 1978 geborene Antragsteller zu 1) und die 1981 geborene Antragstellerin zu 2) sind die Eltern der 2000, 2002, 2008 und 2009 geborenen Antragsteller zu 3) bis 6). Die Antragsteller halten sich nach eigenen Angaben aus Rumänien kommend seit Mai 2014 in Deutschland auf. Sie sind in B-Stadt ohne festen Wohnsitz und leben vom Sammeln von Pfandflaschen und vom Betteln. Nach ihren eigenen Angaben erhalten sie in Rumänien ca. 10,- € Kindergeld pro Kind. Sonstige Einnahmen und Vermögen haben sie nach eigenen Angaben nicht.
Am 3.9.2014 stellten die Antragsteller, vertreten durch den Antragsteller zu 1), bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Der Antragsteller trug vor, innerhalb der letzten zwei Jahre habe er in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Mit Bescheid vom 19.9.2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen unter Hinweis auf den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ab. In ihrem Widerspruch vom 13.10.2014 trugen die Antragsteller anwaltlich vertreten vor, sie hätten aus Art. 4 i.V.m. Art. 70 der Verordnung (EG) 883/2004 einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 S. 2 SGB II sei daher nicht anwendbar. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2014 zurück. Ein Klageverfahren ist unter dem Aktenzeichen S 32 AS 1864/14 seit dem 10.11.2014 beim Sozialgericht Frankfurt am Main anhängig.
Mit ihrem am 13.10.2014 beim Sozialgericht Frankfurt am Main gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz begehren die Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungsgewährung nach dem SGB II. Der Antragsteller zu 1) erklärt in einer eidesstattlichen Versicherung vom 13.10.2014, die Antragsteller seien im Mai 2014 nach Deutschland gekommen. Sie lebten in einer leerstehenden Gartenhütte in A-Stadt. Bei ihrer Einreise hätten die Antragsteller ca. 260,- € dabei gehabt. Dieses Geld sei schon lange aufgebraucht. Sie lebten vom Pfandflaschensammeln und Betteln. Das Guthaben auf dem Bankkonto in Rumänien, auf das das Kindergeld fließe, dürfte zurzeit etwa 40,- € betragen. Sonstiges Einkommen oder Vermögen sei nicht vorhanden. Auf Nachfrage der Vorsitzenden erklären die Antragsteller, die Antragsteller zu 3) und 4) besuchten keine Schule, weil ohne festen Wohnsitz keine Beschulung erfolge. Zweck des Aufenthalts in Deutschland sei die Arbeitsuche. Die Antragsteller haben eidesstattliche Versicherungen von Herrn HP vom 11.11.2014 und vom 1.12.2014 vorgelegt, wonach er die sechsköpfige Familie der Antragsteller im Mai 2014 kennengelernt habe und mit seiner Frau und der Familie der Antragsteller zusammen etwa zwei Monate lang in einem Bus in A-Stadt beim Xpark übernachtet habe. Die Antragsteller tragen weiter vor, der Antragsteller zu 1) habe in Rumänien als Taxifahrer gearbeitet. Er spreche Rumänisch und Spanisch und würde gerne einen Deutschkurs besuchen. Er habe bei verschiedenen Reinigungsfirmen vorgesprochen, aber wegen der fehlenden Meldeanschrift nur Absagen erhalten. Der Antragsteller zu 1) habe sich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Hierfür wird als Beleg eine Besucherkarte der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt, die dem Antragsteller zu 1) eine Kundennummer zuweist.
Die Antragsteller sind der Auffassung, ein Anspruch auf Leistun...