Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit von Rechtschutz bei rechtskräftiger Entscheidung des Gerichts über denselben Streitgegenstand
Orientierungssatz
1. Nach § 86b SGG ist eine neue Klage bzw. ein erneutes Ersuchen um einstweiligen Rechtschutz über denselben Gegenstand zwischen denselben Beteiligten nicht zulässig.
2. Einer erneuten Entscheidung des Sozialgerichts steht die Rechtskraftwirkung der erstergangenen sozialgerichtlichen Entscheidung entgegen.
Nachgehend
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung einer Rechtsanwältin werden abgelehnt.
Gründe
Der am 28. Januar 2020 bei dem hiesigen Sozialgericht eingegangene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem sinngemäßen Begehren,
der Antragstellerin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Lebenspartner, Herrn C. D. sowie den gemeinsamen Kindern E. und F. D. vorläufig ab Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlich vorgesehenen Umfang zu gewähren,
konnte keinen Erfolg haben.
Die Voraussetzungen für den Erlass der insoweit einzig in Betracht kommenden einstweiligen Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind zur Überzeugung des Gerichts nicht erfüllt. Denn dem Eilantrag der Antragstellerin fehlt bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil eine erneute Entscheidung des Gerichts der Rechtskraftwirkung des Beschlusses des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. August 2019 (Az.: L 7 AS 285/19 B ER) entgegensteht.
Dabei sind die Wirkungen der Rechtskraft von Amts wegen zu beachten und führen nach herrschender Meinung zur Unzulässigkeit einer erneuten Klage. Dies gilt freilich auch für Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz nach § 86b SGG. Danach ist eine neue Klage/erneutes Ersuchen um einstweiligen Rechtschutz über denselben Gegenstand zwischen denselben Beteiligten nicht zulässig (vgl. zum Vorstehenden Keller in Meyer-Ladewig SGG Kommentar 12. Auflage 2017 § 141 Rn. 5 ff.).
Zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens hatte das Gericht bereits durch Beschluss vom 14. Mai 2019 eine einstweilige Anordnung getroffen (Az.: S 16 AS 438/19 ER), die das Hessische Landessozialgericht mit der o.g. Beschwerdeentscheidung aufgehoben und den Eilantrag der Antragstellerin abgelehnt hat. In jenem Verfahren hatte sich die Antragstellerin hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Leistungsanspruchs nach dem SGB II auf ein Aufenthaltsrecht gemäß Art. 10 VO Nr. 492/2011 berufen, da ihr Kind E. eine Schule besuche und der Kindesvater (C. D.) Arbeitnehmer sei. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c SGB II sei daher voraussichtlich europarechtswidrig, so dass im Rahmen einer Folgenabwägung vorläufig Leistungen zu gewähren seien.
Diesen Rechtsstandpunkt vertritt die Antragstellerin in dem vorliegenden Verfahren erneut, wobei sie ausdrücklich vorträgt, dass sich seit der Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. August 2019 am maßgeblichen Sachverhalt nichts geändert habe.
Der Streitgegenstand des vorliegenden einstweiligen Anordnungsverfahrens ist folglich derselbe wie derjenige in dem oben dargestellten früheren Verfahren der Beteiligten, lediglich mit dem unmaßgeblichen Unterschied, dass es nunmehr freilich um einen anderen Leistungszeitraum geht. Gegenstand der materiellen Rechtskraftwirkung der Beschlussentscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. August 2019 ist dabei die Frage, ob die Antragstellerin gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist und sich nicht auf ein Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO Nr. 492/2011 berufen kann. Über diese zentrale und mit dem vorliegenden Eilantrag erneut aufgeworfene Frage hat die Beschwerdeinstanz entschieden und dabei ausdrücklich ausgeführt, verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Leistungsausschluss aufgrund der vorgenannten Regelung habe der Senat nicht.
Einer erneuten Entscheidung des Sozialgerichts über diese Frage (und lediglich für einen anderen Bewilligungszeitraum) steht folglich die Rechtskraftwirkung des Beschlusses des Hessischen Landessozialgerichts in dem Beschwerdeverfahren L 7 AS 285/19 B ER entgegen. Daran vermag auch der Vortrag der Antragstellerin, der 7. Senat des Beschwerdegerichts werde nicht umhinkommen, im Rahmen einer im Eilverfahren zu treffenden Folgenabwägung vorläufig Leistungen zuzusprechen, nichts zu ändern. Denn diese Vorhersage hat keinerlei Aussicht darauf, einzutreten. Nach der in Rechtskraft erwachsenen Beschlussentscheidung vom 21. August 2019, mit der das Beschwerdegericht aus seiner Sicht verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2c SGB II ausdrücklich verneint hat, ist eine Folgenabwägung gerade nicht geboten.
Der erneute An...