Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. dieselbe Angelegenheit iS von § 15 Abs 2 RVG. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vorgehen gegen mehrere Bescheiden für verschiedene Zeiträume bei gleicher oder ähnlicher Rechtsfrage. kein einheitlicher Lebenssachverhalt. endgültige Leistungsbewilligung und damit einhergehende Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung. unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang. rechtliche Einheit iS eines einheitlichen Bescheids
Leitsatz (amtlich)
1. Streitigkeiten nach dem SGB II, in denen gegen unterschiedliche Bescheide vorgegangen wird, die verschiedene Zeiträume betreffen, sind nicht als dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs 2 RVG anzusehen, weil ihnen kein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde liegt. Dies gilt auch, wenn die gleiche oder eine ähnliche Streitfrage zu entscheiden ist.
2. Die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ergangene endgültige Leistungsfestsetzung nach dem SGB II stellt gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar, wie die nach § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II (idF vom 13.5.2011) iVm § 328 Abs 3 S 2 SGB III damit einhergehende Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung. Denn beide Bescheide bilden eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Aufhebung betroffenen Zeitraum.
Tenor
Die Erinnerung vom 05.08.2016 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.07.2016 in dem Verfahren S 5 AS 1088/13 wird zurückgewiesen.
Der Erinnerungsführer hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsgegner zu tragen.
Gründe
I.
Im Rahmen des Erinnerungsverfahrens streiten die Beteiligten in Verfahren der Grundsicherung für Arbeitsuchende um das Vorliegen derselben Angelegenheit nach § 15 Abs. 2 RVG.
In dem zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren (S 5 AS 1088/13) vom 02.08.2013 ging es um die Aufhebung und Erstattung von SGB II Leistungen gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (i.d.F. V. 13.05.2011) i.V.m. § 328 Abs. 3 SGB III der aus 4 Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft für den Monat August 2012. Angefochten war der Bescheid vom 25.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 (W02234/713). Die Widerspruchsbegründung hatte sich in diesem, wie allen unten aufgeführten Verfahren, gegen die rückwirkende Anrechnung von Einkommen eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft, die Berücksichtigung eines Beitrages für eine Direktversicherung und die teilweise Erstattung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende gewandt.
Ebenfalls am 02.08.2013 erhoben die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Klage gegen den Bescheid vom 26.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 (Az.: S 5 AS 1083/13, S 7 SF 194/16 E), mit dem eine endgültige Leistungsbewilligung für den Monat August 2012 erfolgt war.
Am gleichen Tag erhoben die Kläger Klage in folgenden Verfahren:
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S 5 AS 1081/13 ( S 7 SF 192/16 E) - Leistungsbewilligung für September 2012 bis Dezember 2012 |
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S 5 AS 1082/13 (S 7 SF 193/16 E) - Leistungsbewilligung für Juli 2012 |
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S 5 AS 1084/13 (S 7 SF 195/16 E) - Aufhebung und Erstattung für Juli 2012 und September 2012 bis Dezember 2012 |
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S 5 AS 1085/13 - Aufhebung und Erstattung für Mai 2012 |
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S 5 AS 1086/13 ( S 7 SF 196/16 E) - Leistungsbewilligung für Januar 2012 bis April 2012 |
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S 5 AS 1087/13 - Leistungsbewilligung für Mai 2012 |
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und S 5 AS 1089/13 (S 7 SF 198/16 E) - für Januar 2012 bis April 2012 und Juni 2012 |
Zur Klagebegründung trugen die Kläger in allen Verfahren vor, der Bescheid sei nicht nachvollziehbar. Es fehle die Mitteilung der tatsächlichen Gründe, die der Entscheidung zugrunde lägen.
Alle 9 Verfahren wurden vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main am 09.03.2016 in einem 32 min dauernden Termin gemeinsam verhandelt. Die Beteiligten beendeten die Verfahren mit einem gemeinsamen Vergleich. In den Verfahren S 5 AS 1087/13 und S 5 AS 1085/13 waren die Beteiligten sich einig, dass die Beklagte keine Kosten zu tragen hat. In den Übrigen Verfahren erklärte sich die Beklagte zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger bereit.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger machte für jedes der 9 Verfahren folgende Kosten geltend:
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Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG |
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300,00 € |
Weitere drei Kläger, Nr. 1008 VV RVG |
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270,00 € |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG |
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280,00 € |
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG |
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570,00 € |
Pauschale Post u. Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 € |
Zwischensumme |
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1440,00 € |
MwSt. 19 %, Nr. 7008 VV RVG |
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273,60 € |
Gesamtbetrag |
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1713,60 € |
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.07.2016 setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts die von dem Beklagten an die Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten in diesem wie in den weiteren 8 Verfahren gem. § 197 SGG auf 660,45 Euro fest.
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Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG |
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150,00 € |
Weitere drei Kläger, Nr. 1008 VV RVG |
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135,00 € |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG |
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100,00 € |
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG |
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150,00 € |
Pauschale Post u. Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 € |
Zwischensumme |
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550,00 € |
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