Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenanspruch des Rechtsanwalts bei dessen Mehrfachem Tätigwerden in derselben Angelegenheit

 

Orientierungssatz

1. Ein Rechtsanwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig ist, erhält nach § 7 Abs. 1 RVG die Gebühren nur einmal und kann sie gemäß § 15 Abs. 2 RVG nur einmal fordern.

2. Von derselben Angelegenheit i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist auszugehen, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben ist, d. h. wenn ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt.

3. Dies ist u. a. der Fall bei der endgültigen Leistungsfestsetzung der Grundsicherung und einer nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 328 Abs. 3 S. 2 SGB 2 damit einhergehenden Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung über einen identischen Zeitraum.

 

Tenor

Auf die Erinnerung vom 05.08.2016 wird die Festsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 14.07.2016 aufgehoben und die Vergütung des Rechtsanwalts der Kläger für das Verfahren S 5 AS 1082/13 auf 0,00 Euro festgesetzt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Im Rahmen des Erinnerungsverfahrens streiten die Beteiligten in Verfahren der Grundsicherung für Arbeitsuchende um das Vorliegen derselben Angelegenheit nach § 15 Abs. 2 RVG.

In dem zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren (S 5 AS 1082/13) vom 02.08.2013 ging es um die Bewilligung von SGB II Leistungen für die aus 4 Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft für den Monat Juli 2012. Angefochten war der Bescheid vom 26.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 (W02638/13). Die Widerspruchsbegründung hatte sich in diesem, wie allen unten aufgeführten Verfahren, gegen die rückwirkende Anrechnung von Einkommen eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft gerichtet, gegen die Berücksichtigung eines Beitrages für eine Direktversicherung und gegen die teilweise Erstattung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende.

Ebenfalls am 02.08.2013 erhoben die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Klagen gegen die endgültige Leistungsbewilligung für den Monat September bis Dezember 2012 (Bescheid vom 26.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2013, Az.: S 5 AS 1081/13, S 7 SF 192/16 E) sowie gegen die Aufhebung und Erstattung von SGB II Leistungen gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (i.d.F. V. 13.05.2011) i.V.m. § 328 Abs. 3 SGB III für den Zeitraum Juli und September bis Dezember 2012 (Bescheid vom 26.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013, Az.: S 5 AS 1084/13, S 7 SF 195/16 E).

Am gleichen Tag erhoben die Kläger Klage in folgenden Verfahren:

- S 5 AS 1083/13 (S 7 SF 194/16 E) - Leistungsbewilligung für August 2012

- S 5 AS 1085/13 - Aufhebung und Erstattung für Mai 2012

- S 5 AS 1086/13 ( S 7 SF 196/16 E) - Leistungsbewilligung für Januar 2012 bis April 2012

- S 5 AS 1087/13 - Leistungsbewilligung für Mai 2012

- und S 5 AS 1088/13 (S 7 SF 197/16 E) - Aufhebung und Erstattung für August 2012

- und S 5 AS 1089/13 (S 7 SF 198/16 E) - Aufhebung und Erstattung für Januar 2012 bis April 2012 und Juni 2012

Zur Klagebegründung trug der Prozessbevollmächtigte in allen Verfahren vor, der Bescheid sei nicht nachvollziehbar. Es fehle die Mitteilung der tatsächlichen Gründe, die der Entscheidung zugrunde lägen.

Alle 9 Verfahren wurden vor dem Sozialgericht Frankfurt am 09.03.2016 in einem 32 min dauernden Termin gemeinsam verhandelt. Die Beteiligten beendeten alle Verfahren mit einem gemeinsamen Vergleich. In den Verfahren S 5 AS 1087/13 und S 5 AS 1085/13 waren die Beteiligten sich einig, dass die Beklagte keine Kosten zu tragen hat. In den übrigen Verfahren erklärte sich die Beklagte zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger bereit.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger machte für jedes der 9 Verfahren folgende Kosten geltend:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Weitere drei Kläger, Nr. 1008 VV RVG

270,00 €

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG

280,00 €

Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG

570,00 €

Pauschale Post u. Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

1440,00 €

MwSt. 19 %, Nr. 7008 VV RVG

273,60 €

Gesamtbetrag

1713,60 €

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.07.2016 setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts die von dem Beklagten an die Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten in diesem wie in den weiteren 8 Verfahren gem. § 197 SGG auf 660,45 Euro fest.

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

150,00 €

Weitere drei Kläger, Nr. 1008 VV RVG

135,00 €

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG

100,00 €

Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG

150,00 €

Pauschale Post u. Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

550,00 €

MwSt. 19 %, Nr. 7008 VV RVG

105,45 €

Gesamtbetrag

660,45 €

Hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr führte die Urkundsbeamtin aus, die Bedeutung des vorliegenden Verfahrens für die Kläger sei hoch gewesen, wogegen Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit deutlich unter dem Durchschnitt gelegen hätten, weil der Prozessbevoll...

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