Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreibung eines Rentenverfahrens durch Pfändungsgläubiger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Rentenversicherungsträger als Drittschuldner einen Rentenantrag eines Vollstreckungsschuldners wegen dessen fehlender Mitwirkung (zB Nichtausfüllung der amtlichen Rentenantragsformulare, Verweigerung von ärztlichen Untersuchungen) nach § 66 SGB 1 bestandskräftig abgelehnt, so führt der Rentenversicherungsträger das Rentenverfahren auch dann nicht durch, wenn zugunsten eines Vollstreckungsgläubigers die Renten gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen worden ist.

2. Der Rentenversicherungsträger kann nur im Rahmen des § 67 SGB 1 (Nachholung der Mitwirkung durch den Vollstreckungsschuldner) Rente für Vergangenheit und Zukunft bewilligen.

3. Der Vollstreckungsgläubiger selbst kann die fehlenden Mitwirkungshandlung nicht nachholen. Weder der Rentenversicherungsträger noch das Sozialgericht kann den Vollstreckungsschuldner dazu zwingen. Ob ein Zivilrechtlicher Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner auf Nachholung der fehlenden Mitwirkung im Rentenverfahren besteht, bleibt offen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befugnis der Klägerin als Pfändungsgläubigerin, an Stelle des Beigeladenen ein Verwaltungsverfahren über die Bewilligung einer Rente nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bzw. dem Sechsten Buch dem Sozialgesetzbuches (SGB 6) zu betreiben.

Am 26. März 1992 beantragte der ... 1924 geborene Beigeladene die Bewilligung einer Rente.

Trotz Aufforderung der Beklagten sandte der Beigeladene die Rentenantragsformulare nicht an die Beklagte zurück.

Durch Bescheid vom 26. September 1996 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Altersrente ab und führte aus, der Beigeladene habe die zur Rentengewährung erforderlichen Antragsvordrucke nicht zurückgesandt und damit seine Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 3 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 1) verletzt.

Auf Antrag der Klägerin pfändete des Amtsgericht N durch Beschluss vom 10. Dezember 1996 (Aktenzeichen: ...) den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf "gegenwärtige und künftige Rente gemäß §§ 23, 54 Abs. 3 SGB" und überwies der Klägerin die gepfändete Forderung zur Einziehung. Diesem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss lag der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts H vom 26. September 1984 (Aktenzeichen: ...) zugrunde, nach dem die Klägerin von dem Beigeladenen noch zu beanspruchen habe: 13.707,06 DM zuzüglich 10 % Zinsen seit 19. Februar 1984 plus 391,50 DM Kosten für den Erlass des genannten Beschlusses. Dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten am 23. Dezember 1996 durch Gerichtsvollzieher zugestellt.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit, sie gewähre dem Beigeladenen keine Leistungen, da er seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 3 SGB 1 nicht nachgekommen sei.

Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden (NJW-RR 1996, 59) beantragte die Klägerin die Bewilligung der Altersrente.

Durch Bescheid vom 10. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2001 lehnte die Beklagte die Durchführung des Rentenverfahrens für den Beigeladenen ab und führte aus, das Antragsrecht sei ein unveräußerliches Recht im Sinne des § 857 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO), dessen Ausübung nicht einem anderen überlassen werde könne. Folglich sei es unpfändbar und die Klägerin als Pfändungsgläubigerin des Beigeladenen sei zu einer Rentenantragstellung nicht berechtigt.

Dagegen hat die Klägerin am 1. Februar 2001 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor, der Beigeladene sei spätestens seit 1991 rentenberechtigt. Er habe seine Verhältnisse gegenüber der Klägerin verschleiert, um dieser Vollstreckungsmöglichkeiten zu verwehren. Das Rentenantragsrecht sei nicht ein höchstpersönlich ausübbares Recht. Durch den oben genannten Beschluss vom 10. Dezember 1996 sei der Klägerin das beschlagnahmte Rentenrecht zur Ausübung überwiesen worden. Wenn die Beklagte etwas an dem oben genannten Beschluss auszusetzen gehabt hätte, hätte sie beim Amtsgericht N Rechtsmittel einlegen müssen. Die Beklagte weigere sich rechtswidrig, die Rente wegen eines fehlenden Antrags oder Formulars zu bewilligen. Sie wolle die Rentenbeiträge vollständig für sich behalten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 10. Juni 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den pfändbaren Teil aus der Rente des Beigeladenen an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung ist.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil der vorliegende Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist...

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