Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zeit- bzw Dauerrente. Verwaltungsaktqualität der Angabe der einzelnen Berechnungsschritte zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte
Orientierungssatz
1. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird gem § 102 Abs 2 S 5 SGB 6 unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Eine Besserung ist dann unwahrscheinlich, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und danach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht. Schwerwiegende medizinische Gründe müssen gegen eine rechtlich relevante Besserungsaussicht sprechen, so dass ein Dauerzustand vorliegt. Davon kann erst ausgegangen werden, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und auch danach ein aufgehobenes Leistungsvermögen besteht.
2. Die Angabe der einzelnen Berechnungsschritte zur Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte, insbesondere Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten, stellt keinen Verwaltungsakt, sondern lediglich ein Begründungselement in der Berechnung der zustehenden Höhe einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung dar.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente auf Dauer.
Der 1984 geborene Kläger hat keine Kinder. Er ist ausgebildeter Papiermacher und absolvierte zudem eine dreijährige Ausbildung zum Industriekaufmann. Zuletzt war er von 2008 bis März 2014 als Personalsachbearbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden angestellt, wobei er ab September 2013 unter Fortzahlung des Entgelts freigestellt wurde (Bl. 50, 57 der Verwaltungsakt).
Wegen der Diagnosen Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt, leichte depressive Episode und primär insulinabhängiger Diabetes mellitus Typ I befand sich der Kläger vom 5. September bis 13. November 2012 in stationärer Behandlung in der Schönklinik C-Stadt. Im diesbezüglichen Entlassungsbericht wurde ausgeführt, dass der Behandlung ausgeprägte Kontaminationsängste, Wasch- und Kontrollzwänge als akut krankenhausbehandlungsbedürftig zugrunde gelegen hätten. Der Kläger habe regelmäßig umfangreiche Wasch- und Reinigungsrituale durchführen müssen. Mithilfe therapeutischer, medizinischer und ernährungstherapeutischer Unterstützung sei es dem Kläger im Verlauf zunehmend besser gelungen, dies für sich zu regulieren. Es bestehe ein ausgeprägtes Misstrauen gegen Autoritäten. Es sei dem Kläger schwer gefallen, sich auf die vorgeschlagenen Behandlungen zu konzentrieren, auch habe er sich immer wieder auf Einzelheiten gestützt und sei auf andere Themen ausgewichen. Der Kläger benötige eine hochfrequente therapeutische Begleitung und Unterstützung. Im Rahmen der Behandlung sei es jedoch gelungen, die Waschrituale abzubauen. Bezogen auf die Kontrollzwänge seien jedoch keine großartigen Veränderungen erzielt worden, da der Kläger sich nicht für nachhaltige Veränderungen in diesen Bereichen habe entscheiden können.
Der Kläger beantragte am 9. Dezember 2013 eine Rente wegen Erwerbsminderung, wobei er angab, sich seit 2011 wegen seines Kontrollzwangs mit Perfektionismus, Reinigungszwang, zwanghafter Persönlichkeit, Depressionen mit Schlafstörungen und Suizidgedanken, Sprachstörungen i.V.m. Diabetes mellitus Typ I für erwerbsunfähig zu halten. Im Rahmen des ausgefüllten und eingereichten Formulars R210 erklärte der Kläger durch eigenhändige Unterschrift am 9. Dezember 2013, dass er einwillige, dass der Rentenversicherungsträger von Ärzten und Einrichtungen, die er im Antrag angegeben habe (Dr. E., Dr. M.), alle ärztlichen und psychologischen Untersuchung Unterlagen anfordere, die die Beklagte für die Entscheidung über den Antrag benötige (Bl. 3 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte). Er führte in einem weiteren Schreiben aus, dass die Einwilligung zur Einholung von ärztlichen Befunden unter der Bedingung bestehe, dass er über den jeweiligen Datenaustausch vollständig und unaufgefordert informiert werde.
Die Beklagte ermittelte hinsichtlich einer durch den Kläger behaupteten Schulzeit von September bis Dezember 2007 an der staatlichen Fachoberschule und Berufsoberschule E-Stadt. Diese bescheinigte auf Anfrage mit ausgefüllten Vordruck vom 8. Januar 2014, dass der Kläger ohne Abschluss vom 11. September bis 15. Dezember 2007 die Schule besucht habe (Bl. 37 der Verwaltungsakte). Die ebenfalls angeschriebene Krankenkasse gab an, dass der Kläger vom 1. Januar bis 20. Februar 2013 Entgeltersatzleistungen erhalten habe (Bl. 43 der Verwaltungsakte). Arbeitsunfähigkeit habe vom 5. Juni bis 14. Juni 2013 vorgelegen (Bl. 46 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte holte Befundberichte des Hausarztes und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie ein. Der medizinische Dienst der Beklagten stellte nach Aktenlage die...