Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2014; Aktenzeichen B 12 KR 19/12 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 wird abgeändert, soweit die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf die Fahrvergünstigungen für die Jahre 1999 und 2000 fordert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 26 %. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 74 %.

3. Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf pauschal versteuerte Fahrvergünstigungen für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2003.

Die Klägerin gewährte ihren Arbeitnehmern verschiedene Fahrvergünstigungen (Freifahrten, Ermäßigung für Personalfahrten, Auslandsfahrten, Jahresnetzkarten, Schüler- und Ausbildungsfahrkarten, Urlaubsfahrten). Die geldwerten Vorteile wurden zum Teil pauschal versteuert, zum Teil unterblieb eine Versteuerung. Sozialversicherungsbeiträge wurden nicht entrichtet.

Das Finanzamt Frankfurt am Main III führte am 12. Mai 2003 eine Lohnsteueraußenprüfung über den Prüfzeitraum vom 1. Juni 1999 bis 31. Dezember 2002 durch und stellte in seinem ersten Teilbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 9. Februar 2004 fest, dass es sich bei den Fahrvergünstigungen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele, der in Höhe von 12.256.686,00 € nicht steuerfrei sei. Mit Nachforderungsbescheid vom 13. Februar 2004 setzte es daher die hierauf entfallende Lohnsteuer, Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag auf 6.214.284,34 € fest. Am 18. Oktober 2004 erließ das Finanzamt Frankfurt am Main III gegenüber der Klägerin einen weiteren Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer über eine Nachforderung in Höhe von 44.474,61 € für die im Kalenderjahr 2003 gewährten Fahrvergünstigungen. Grundlage war der zweite Teilbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 14. Oktober 2004. Hierin wurde festgestellt, dass die marktübliche Preiserhöhung bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Sachbezugswerte für das Kalenderjahr 2003 bisher unberücksichtigt geblieben sei. Die Nachversteuerung der steuerpflichtigen geldwerten Vorteile der Fahrvergünstigungen für das Kalenderjahr 2003 erfolgte unter Anwendung eines durchschnittlichen Prozentsatzes.

Aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) am 1. November 2005 über den Prüfzeitraum vom 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2000 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2006 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.391.734,94 € auf die geldwerten Vorteile der Fahrvergünstigungen von der Klägerin nach. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, die Nachforderung basiere ausschließlich auf der Auswertung der Lohnsteuerhaftungsbescheide des Finanzamtes Frankfurt am Main III vom 9. Februar 2004 und 14. Oktober 2004. Nach § 14 und § 17 SGB IV in Verbindung mit § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) richte sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt nach dem Steuerrecht. Auf Antrag der Klägerin sei die Lohnsteuer in den zu beurteilenden Fällen mit einem Pauschalsteuersatz (§ 40 Einkommenssteuergesetz - EStG -) erhoben worden Die Nachversteuerung sei nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit Nettosteuersätzen erfolgt, die aufgrund der Verhältnisse der jeweiligen Zuflussjahre ermittelt worden seien. Eine nachträgliche Korrektur der Pauschalsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei nicht möglich. § 41c Abs. 3 EStG sei auch für die Erhebung der Pauschalsteuer anzuwenden. Die Nachberechnung des Finanzamtes Frankfurt am Main III gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei daher korrekt. Daraus folgend trete Beitragspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung ein. Die Beiträge seien in einer Summe nach § 28f SGB IV nacherhoben worden, weil eine personenbezogene Zuordnung auf einzelne Arbeitnehmer nicht ohne unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich gewesen sei. Da bei der Klägerin in erheblichem Umfang nicht versicherungspflichtige Personen beschäftigt gewesen seien, sei eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage von 28,07 % vorgenommen worden.

Am 3. Juli 2006 hat die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die ihren Mitarbeitern gewährten Fahrvergünstigungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ArEV kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen. Diese Vorschrift stelle auf die Art der Bezüge (Einnahmen) und nicht darauf ab, ob ihre Pauschalbesteuerung vor oder nach dem Zufluss beim Arbeitnehmer erfolgt ist. Ein solches Verständnis werde auch durch die Ermächtigung zum Erlass der ArEV in § 17 Abs. 1 SGB IV untermauert, wonach bestimmte Einnahmen von der Sozialversicherungspflicht ausgenommen werden können. Bei den Fahrvergünstigungen h...

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