Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeldanspruch. Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Notwendigkeit der erneuten ärztlichen Feststellung rechtzeitig vor Fristablauf. Obliegenheit des Versicherten. kein Ausnahmefall iSd BSG-Rechtsprechung bei normalen, alltäglichen Erschwernissen (hier: Bettlägerigkeit aufgrund einer Venenthrombose). Schließung von Arztpraxen zwischen den Jahren fällt nicht in Verantwortungsbereich der Krankenkasse. keine Hinweispflicht
Orientierungssatz
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) obliegt es dem Versicherten, zur Vermeidung einer Unterbrechung oder des Erlöschens von Krankengeldansprüchen und zum Erhalt eines durchgehenden, umfassenden Krankenversicherungsschutzes für eine Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am letzten Tag der zuvor bescheinigten Arbeitsunfähigkeit, also vor Fristablauf, Sorge zu tragen.
2. Trotz der gebotenen grundsätzlich strikten Anwendung der gesetzlichen Regelungen hat die Rechtsprechung des BSG in engen Grenzen bestimmte Ausnahmen von den Vorgaben und Grundsätzen anerkannt.
3. Normale, alltägliche Erschwernisse, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erlangen (zB Wochenende) rechtfertigen dagegen keine Ausnahme (hier: Bettlägerigkeit aufgrund einer Venenthrombose).
4. Nicht in jedem Fall kann verlangt werden, weit vor Fristablauf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlängern. Bei den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr muss aber etwas anderes gelten, da hier mit Schließzeiten zu rechnen ist. Allein die Schließung von Arztpraxen zwischen den Jahren reicht nicht, um in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse zu fallen.
5. Die Krankenkasse ist nicht verpflichtet, den Versicherten auf seine Obliegenheiten, nämlich die Notwendigkeit der erneuten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung rechtzeitig vor Ablauf des schon festgestellten Zeitraums und die eventuell gravierenden Folgen hinzuweisen (vgl BSG vom 16.12.2014 - B 1 KR 37/14 R = BSGE 118, 52 = SozR 4-2500 § 192 Nr 7, RdNr 25; BSG vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R = juris RdNr 16)
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung von Krankengeld über den 31.12.2014 hinaus bis zum 18.05.2015.
Der Kläger ist 1977 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Er war seit 19.05.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Bis 29.06.2014 erhielt er Entgeltfortzahlung von seinem Arbeitgeber und ab 30.06.2014 Krankengeld in Höhe von EUR 94,50 brutto kalendertäglich von der Beklagten (Bescheid vom 11.08.2014). Vom 01.04.2010 bis 30.11.2014 war der Kläger als Arzt und Oberarzt bei der Kliniken des C. GmbH beschäftigt.
Der Kläger war zunächst wegen einer Erkältungskrankheit für folgende Zeiträume krankgeschrieben: Vom 19.05.2014 bis 23.05.2014 und vom 26.05.2014 bis 30.05.2014 durch Herrn D., vom 02.06.2014 bis 06.06.2014 durch Herrn Dr. E. und vom 11.06.2014 bis 18.06.2014 durch Herrn Dr. F. Sodann war der Kläger ab 13.06.2014 durch die Orthopädische Gemeinschaftspraxis Dr. G. u.a. wegen einer Fersenbeinfraktur (2008) mit Komplikationen (posttraumatische Arthrose des unteren Sprunggelenkes links) krankgeschrieben, zunächst bis 30.06.2014. Es folgten Folgebescheinigungen vom 01.07.2014 bis 14.07.2014 und vom 15.07.2014 bis 28.07.2014 sowie nach Krankenhausbehandlung (Arthrodese) vom 28.07.2014 bis 01.08.2014 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Katholischen Klinikums Mainz vom 31.07.2014 bis 28.08.2014. Sodann folgten Krankengeldauszahlungsscheine von Dr. E. vom 07.08.2014, von Dr. G. am 29.08.2014, von Dr. H. am 23.09.2014, von Dr. E. am 27.10.2014, von Dr. H. am 04.11.2014 und von Dr. E. am 17.11.2014 (mit einer Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bis 31.12.2014). Am 13.11.2014 war zudem eine tiefe Venenthrombose links festgestellt worden. Ab 06.01.2015 folgten weitere Krankengeldauszahlungsscheine, ausgestellt von Frau Dr. J.
Bereits mit Schreiben vom 14.07.2014 und im Bescheid vom 11.08.2014 hatte die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, die weitere Arbeitsunfähigkeit immer lückenlos vom Arzt feststellen und attestieren zu lassen, denn durch eine Lücke könne die Krankengeldzahlung enden.
Mit Bescheid vom 08.01.2015 lehnte die Beklagte die weitere Zahlung von Krankengeld ab, da eine lückenlose Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 31.12.2014 und dem 06.01.2015 nicht nachgewiesen sei. Ein neuer Krankengeldanspruch ab dem Folgetag der attestierten Arbeitsunfähigkeit, dem 07.01.2015, scheide aus, da eine Mitgliedschaft zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestanden habe.
Am 29.01.2015 erhob der Kläger Widerspruch, da ein fortdauernder Krankheitsverlauf vorliege. Er legte einen weiteren Auszahlschein vom 02.02.2015 vor. Mit Schreiben vom 03.02.2015 teilte die Beklagte mit, dass sie nach nochmaliger Prüfung bei ihrer Rechtsansicht bleibe. Die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit sei eine ...