Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Gewährung eines Mehrbedarfs zum Regelsatz für den Besuch des im Ausland lebenden Ehegatten eines Grundsicherungsempfängers
Orientierungssatz
Aufwendungen eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende für Besuchsreisen zu einem im Ausland lebenden Ehegatten stellen regelmäßig keinen unabweisbaren und deshalb vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden Mehrbedarf dar.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die regelmäßige Übernahme von Reisekosten nach China zu seiner dort lebenden Ehefrau sowie den Verpflichtungsausspruch, dass zukünftig entsprechende Kosten regelmäßig übernommen werden; ferner die entsprechende Freistellung von der Erreichbarkeitspflicht für die Auslandsreisen.
Der Kläger, geboren 1954 - deutscher Staatsbürger, erhält seit dem 8.2.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Im Februar 2007 kehrte er aus Singapur nach Deutschland zurück - in Singapur hatte er am 25.4.2006 Frau B., C., chinesische Staatsangehörige, geheiratet. Das Ehepaar lebt seit der Rückkehr des Klägers nach Deutschland voneinander getrennt.
Mit Schreiben vom 31.8.2011 beantragte der Kläger die Übernahme von Reisekosten sowie die Freistellung von der Erreichbarkeitspflicht zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seiner Ehefrau und zur Aufrechterhaltung des Ehe- und Familienverbandes. Er lebe unfreiwillig von seiner Gattin getrennt, weil sie über keine materiellen Mittel zur dauerhaften Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland verfügten. Der Umgang mit seiner Ehefrau entspreche dem rechtlich anerkannten Umgang mit getrennt lebenden Kindern. Dazu habe das LSG Rheinland-Pfalz (Az L 1 SO 133/10 B ER) entschieden, dass grundsätzlich auch Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit im Ausland lebenden Kindern übernommen werden müssten.
Die Kosten für eine Reise bezifferte der Kläger mit rund 950,- €.
Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 14.9.2011 ab. Es gebe keine Rechtsgrundlage im SGB II für einen entsprechenden Anspruch. Dem Antrag auf Ortsabwesenheit könne für die Dauer von 3 Wochen stattgegeben werden und bedürfe der gesonderten Antragstellung beim zuständigen Arbeitsvermittler.
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 16.9.2011 wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.1.2012, Bl. 644 Verw.akte).
Mit bei Gericht am 1.2.2012 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die vorliegende Klage und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 2 AS 147/12 ER). Den Eilantrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 28.3.2012, bestätigt durch das HLSG mit Beschluss vom 6.7.2012 (L 7 AS 275/12 B ER), ab.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, seit seiner Deutschlandrückkehr im Februar 2007 habe sich der Kontakt zu seiner Ehefrau reduziert auf regelmäßige Telefonate, SMS, geringen Postverkehr und seltenen Online-Chat im Internet. Durch diesen langen Zeitraum drohe die völlige Entfremdung und der Bestand der Ehe und Familie sei gefährdet. Zur Aufrechterhaltung von Ehe und Familie sei daher eine baldige Reise nach China dringend notwendig.
Ein Umgangsrecht müsse auch für ungewollt abwesende Ehepartner anerkannt werden und dürfe sich nicht auf bestimmte Familienangehörige (Anmerkung des Gerichtes: Kinder) beschränken.
Ergänzend trägt der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 4.9.2012, Az 10 C 12.12) vor, solange die Familienzusammenführung, mithin der Ehegattennachzug, ausländerrechtlich verhindert werde, sei jedenfalls der regelmäßige Umgang der Ehegatten miteinander zu ermöglichen.
Der Kläger beantragt zuletzt schriftsätzlich (Klageschrift vom 31.1.2012, Schriftsatz vom 7.4.2014)
- den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2012 zu verpflichten, einmal jährlich die notwendigen Kosten zur Ausübung des Umgangsrechtes mit seiner Ehefrau B., C. in der VR China (D-Stadt) für eine dreiwöchige Reisedauer zu übernehmen;
- den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14.9.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2012 zu verpflichten, ihn für diesen Zeitraum nebst der jeweiligen Abreise- und Ankunftstage von bzw. in Deutschland ohne Schmälerung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von der gesetzlichen Erreichbarkeitspflicht gemäß § 7 SGB II freizustellen;
- auszusprechen, dass die jeweils zu übernehmenden notwendigen Kosten auch die Aufwendungen für die Beschaffung des für die Einreise in die VR China erforderlichen Visums, für die Registrierung des Aufenthaltes bei der örtlichen Ausländerbehörde in China, für die Beschaffung von Landeswährung (Bankwechselgebühren) sowie Verpflegungsmehraufwendungen und ggf. Übernachtungsmehraufwendungen iS des BRKG, sowohl während der An- und Abreise zum...