Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenrecht. Hinterbliebenenrente. Entgeltpunktekürzung für in Polen zurückgelegte Zeiten. Stichtag 31.12.1990

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der § 46 SGB 6 begründet einen eigenständigen Anspruch des Hinterbliebenen auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente.

2. Liegen die persönlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten in der Person des Hinterbliebenen - hier insbesondere des Deutsch - Polnischen Sozialversicherungsabkommens und des Fremdrentengesetzes nicht vor, kann die inländische Rente des Hinterbliebenen deutlich hinter der Rente des Verstorbenen zurückbleiben.

 

Orientierungssatz

Bei einem erst nach dem Stichtag des 31.12.1990 nach Deutschland zugezogenen Hinterbliebenen können die vom verstorbenen Ehegatten vor diesem Tag in Polen zurückgelegten Beitragszeiten nach den Deutsch - Polnischen Sozialversicherungsabkommen grundsätzlich nicht als deutsche Beitragszeiten anerkannt werden. Eine Anerkennung dieser Zeiten ist bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen in der Person des Hinterbliebenen durch das Fremdrentengesetz möglich. Grundsätzlich fallen diese Zeiten in die Versicherungslast des polnischen Rentenversicherungsträgers.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe einer Witwenrente. Insbesondere ist streitig, ob die im Zeitraum vom 1. August 1945 bis 30. September 1958 vom verstorbenen Ehemann der Klägerin in Polen zurückgelegten Beitragszeiten von der Beklagten bei der Berechnung der deutschen Witwenrente mitberücksichtigt werden müssen.

Der im Jahr 1927 in Polen geborene und am 11. Mai 2010 in Deutschland verstorbene Ehemann der Klägerin lebte und arbeitete bzw. leistete seinen Wehrdienst vom 1. August 1945 bis 30. September 1958 in Polen. Danach siedelte er in das Gebiet der ehemaligen DDR, später Bundesrepublik Deutschland über, wo er weitere Beitragszeiten erarbeitete bzw. Vorruhestandsgeld bezog. Ab dem 1. Januar 1992 bezog der verstorbene Ehemann der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1. Oktober 1992 wurde ihm eine Regelaltersrente gewährt. Bei der Rentengewährung fanden sowohl die in Deutschland als auch die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten Berücksichtigung. Zuletzt betrug die Rente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin 786,18 Euro, wovon nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 708,75 Euro zur Auszahlung kamen. Im Jahr 1995 heiraten die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann. In diesem Jahr erfolgte der Zuzug der Klägerin in das Bundesgebiet.

Nach dem Ableben des verstorbenen Ehemannes stellte die Klägerin mit Datum vom 27. Mai 2010 einen Antrag auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente bei der Beklagten. Diese wurde ihr mit Bescheid vom 23. September 2010 ab dem 1. Juni 2010 gewährt. Hierbei gewährte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis 31. August 2010 monatlich einen Betrag von 488,74 Euro, wobei nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein Betrag von 440,60 Euro zur Auszahlung kam. Ab dem 1. September 2010 gewährte die Beklagte der Klägerin monatlich eine Hinterbliebenenrente von 293,24 Euro, wovon nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 264,36 Euro zur Auszahlung kamen. Der Rentenbescheid ging der Klägerin erst am 25. Oktober 2010 zu.

Gegen diesen Rentenbescheid legte die Klägerin schriftlich Widerspruch ein, der am 2. November 2010 bei der Beklagten einging. Die Klägerin brachte vor, dass die Witwenrente 60% der letzten Rente ihres Ehemannes betragen müsse. Dieser habe über 700 Euro erhalten. Sie bekäme jedoch lediglich 264,36 Euro ausgezahlt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass auf Grund der Vorschriften der Deutsch - Polnischen Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) und ihres erst im Jahr 1995 erfolgten Zuzuges nach Deutschland die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten ihres verstorbenen Ehemannes nicht von der Beklagten berücksichtigt werden könnten. Die Berechnung der Hinterbliebenenrente sei im Übrigen zutreffend erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 1. März 2011, Eingang bei Gericht am 9. März 2011 hat die Klägerin gegen die vorgenannten Entscheidungen der Beklagten Klage erhoben. Diese begründete sie damit, dass die gezahlten Leistungen von dem abwichen, wie es ihr bei einer Proberechnung vorgerechnet worden sei. Die Leistungen entsprächen nicht 60% der Rentenhöhe ihres verstorbenen Ehemannes.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 23. September 2010 und ihres Widerspruchbescheides vom 8. Februar 2011 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis 31. August 2010 eine Hinterbliebenenrente in Höhe von 100% der letzten Altersrente ihres verstorbenen Ehemannes zu gewähren und für den Zeitraum ab dem 1. September 2010 eine Hinterbliebenenrente in...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge