Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Korrektur bzw. Ergänzung einer Abrechnung des Krankenhauses für durchgeführte stationäre Behandlung des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten richtet sich gemäß §§ 109 Abs. 4 SGB 5, 7 Abs. 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 1 S. 1 KHG nach der zutreffenden Kodierung entsprechend dem Fallpauschalenkatalog. Nachträgliche Rechnungskorrekturen sind grundsätzlich bis zum Abschluss des nachfolgenden Haushaltsjahres möglich (BSG Urteil vom 5. 7. 2016, B 1 KR 40/15 R).

2. Nach § 6 PrüfvV hat der MDK eine einmalige Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 PrüfvV an die Krankenkasse erfolgt. Dieser Regelung kann nicht entnommen werden, dass nach Abschluss der Prüfung durch den MDK eine einmalige Korrektur oder Ergänzung einer Krankenhausabrechnung ausgeschlossen ist.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 710,33 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.08.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird endgültig auf 710,33 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin stellte der Beklagten am 10.11.2016 für eine vom 05.07.2016 bis 04.08.2016 stattgehabte stationäre Behandlung eines bei der Beklagten versicherten Patienten unter Bezeichnung der Hauptdiagnose D62 (Akute Blutungsanämie) und unter Zugrundelegung der DRG Q61A einen Betrag von 6.875,98 Euro in Rechnung. Am 29.11.2016 teilte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) der Klägerin mit, dass die Beklagte ihn mit der Überprüfung des Sachverhalts beauftragt habe. In seinem Gutachten vom 19.06.2017 gelangte der MDK zu dem Ergebnis, dass die Hauptdiagnose falsch kodiert worden sei; statt D62 sei D64.8 (Sonstige näher bezeichnete Anämien) zu kodieren gewesen. Sodann legte die Klägerin der Beklagten am 03.07.2017 eine auf Grundlage des Gutachtenergebnisses korrigierte Rechnung über einen Betrag von 7.586,31 Euro vor.

Die Beklagte hat die Zahlung der sich im Vergleich zur ursprünglichen, bereits durch sie beglichenen Rechnung ergebenden Differenz mit der Begründung verweigert, nach § 7 Abs. 5 der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) seien Korrekturen oder Ergänzungen nur innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens möglich.

Mit Schriftsatz vom 26.09.2017, eingegangen beim Gericht am 28.09.2017, hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben.

Sie trägt vor, es bestehe bereits keine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Normierung einer Ausschlussfrist. Zudem habe sie keine Korrektur während des Prüfverfahrens vorgenommen, sondern mit der korrigierten Rechnung lediglich das Ergebnis des MDK-Gutachtens umgesetzt. Wäre der MDK zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rechnungsbetrag zu mindern gewesen wäre, hätte die Beklagte diese Minderung auch nicht mit dem Argument negiert, die Frist nach § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV sei bereits abgelaufen. Die Beklagte verstoße mit diesem Verhalten gegen die geltenden Gebote gegenseitiger Rücksichtnahme nach Treu und Glauben.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 710,33 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.08.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

Sie meint, eine nachträgliche Rechnungskorrektur könne nach Abschluss des Prüfverfahrens nicht mehr erfolgen. Das Prüfverfahren sei einseitig zugunsten der Krankenkassen ausgestaltet, da diese mangels hinreichender Patientenunterlagen erst hierdurch auf “Augenhöhe„ mit den Krankenhäusern gelangten. Sie dürfe daher wenigstens darauf vertrauen, dass die notwendige Einschaltung des MDK nicht auch noch zu ihren Lasten gehe. Das Prüfverfahren könne nicht den Zweck haben, eine kostenfreie Rechnungsoptimierung der Krankenhäuser zu sein.

Mit Schriftsätzen vom 22.06.2018 (Beklagte) bzw. 25.06.2018 (Klägerin) haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte im hiesigen Verfahren und auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil ist gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben.

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 710,33 Euro nebst Zinsen seit dem 04.08.2017.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 109 Abs. 4 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), die Fallpauschalenvereinbarung in der hier gültigen Fassung i.V.m. ...

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