Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Korrektur einer Krankenhausabrechnung auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)

 

Leitsatz (amtlich)

Verlangt ein Krankenhausträger nach Prüfung durch den MDK auf der Grundlage dieser Prüfung eine höhere Vergütung von der Krankenkasse, steht diesem Begehren die in § 7 Abs 5 PrüfvV (juris: PrüfvVbg) enthaltene Fünf-Monats-Frist nicht entgegen.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.852,86 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.10.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die im ... geborene, bei der BKK Gesundheit, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, krankenversicherte ... (B) wurde vom 05.01. bis 05.02.2016 im Krankenhaus ..., dessen Trägerin die Klägerin ist, stationär behandelt.

Die Klägerin stellte der Beklagten für diese stationäre Krankenhausbehandlung mit Rechnung vom 24.02.2016 einen Gesamtbetrag von 7.857,49 € (ohne Selbstbeteiligung) in Rechnung, der von der Beklagten in vollem Umfang gezahlt wurde. Hierbei hatte die Klägerin die Diagnosis Related Group (DRG) I12B (“Knochen- und Gelenkinfektion / -entzündung mit verschiedenen Eingriffen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe mit schweren CC, mit Revision des Kniegelenkes oder Osteomyelitis, Alter ≪ 16 Jahre„) in Ansatz gebracht.

Die Beklagte beauftragte daraufhin am 22.03.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Durchführung einer Vollprüfung der Abrechnung und bat um Mitteilung, ob die angegebenen Nebendiagnosen nach den Richtlinien der Deutschen Kodierrichtlinien korrekt kodiert seien. Hierbei wies die Beklagte darauf hin, dass die Streichung bzw. Änderung der relevanten Nebendiagnose N18.3 (“Chronische Nierenkrankheit, Stadium 3„) die DRG ändere. Dieser Prüfauftrag wurde der Klägerin am selben Tag angezeigt.

In seinem Gutachten vom 12.09.2016 gelangte Dr. L... zu dem Ergebnis, die stationäre Krankenhausbehandlung hätte um zwei Tage (04. und 05.02.2016) verkürzt werden können. Richtigerweise hätte als Hauptdiagnose statt T84.6 (“Infektion und entzündliche Reaktion durch eine interne Osteosynthesevorrichtung [jede Lokalisation]„) M.00.06 (“Arthritis und Polyarthritis durch Staphylokokken: Unterschenkel„) in Ansatz gebracht werden können. Hieraus ergebe sich, dass statt der DRG I12B richtigerweise die DRG I12A (“Knochen- und Gelenkinfektion / -entzündung mit verschiedenen Eingriffen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe mit äußerst schweren CC„) hätte abgerechnet werden können.

Gestützt hierauf stellte die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 15.09.2016 unter Ansatz der DRG I12A nunmehr einen Gesamt-Betrag i.H.v. 11.710,35 € in Rechnung.

Die Beklagte lehnte eine Bezahlung mit der Begründung ab, die Korrektur könne keine Berücksichtigung mehr finden, da die Frist hierzu bereits geendet habe. Trotz Einwand der Klägerin hielt sie an dieser Auffassung fest.

Die Klägerin hat daraufhin am 16.02.2017 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zur Zahlung von 3.852,86 € zu verurteilen. Dieser Betrag ergebe sich aus der Differenz zwischen den beiden Rechnungen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, weder § 7 Abs. 5 noch § 3 der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) stehe einer Korrektur entgegen. Der PrüfvV sei keine Einschränkung zu entnehmen, warum sie das vom MDK gefundene Ergebnis nicht umsetzen dürfen solle. Sinn und Zweck der Prüfung durch den MDK sei es, die korrekte Abrechnung eines Behandlungsfalles zu ermitteln. Dies bedeute, dass das Ergebnis des Prüfverfahrens umzusetzen sei, sollten beide Seiten dieses wie hier für richtig erachten. Eine Regelung, die zu einem Vergütungsausschluss zu ihren Lasten führen würde, könne der PrüfvV nicht entnommen werden. Sie wäre zudem unzulässig, da von der Rechtsgrundlage für die PrüfvV, § 17c Abs. 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHG), nicht gedeckt. Zudem hätten die Parteien in § 7 Abs. 5 PrüfvV keine Regelung über den Vergütungsanspruch des Krankenhauses getroffen. Ein Vergütungsausschluss sei nicht Gegenstand dieser Vereinbarung. Ferner übersehe die Beklagte, dass die Voraussetzung des § 7 Abs. 5 PrüfvV hier erfüllt sei, denn sie habe lediglich eine Rechnungskorrektur vorgenommen. Soweit die Beklagte auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Ulm vom 10.02.2017 (S 10 KR 515/16) verweist, sei dieser nicht relevant, da diesem ein anderer Sachverhalt zu Grunde liege. Zudem würde sie die Rechtsauffassung des Sozialgerichts Ulm zur Reichweite der PrüfvV sowie der Korrekturmöglichkeiten für falsch halten. Im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit müsse es ihr möglich sein, das MDK-Ergebnis umzusetzen, unabhängig davon, ob sich dieses erlösmindernd oder -steigernd auswirke. Das Verhalten der Beklagten sei treuwidrig. In diesem Zusammenhang we...

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