Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Bestattungskosten. Verweisung auf Ansprüche gegen Miterben. Anforderungen an die Geltendmachung dieser Ansprüche

 

Leitsatz (amtlich)

1. Jedenfalls nach bereits durchgeführter Bestattung ist der Hilfesuchende darauf zu verweisen, vor Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen Ersatzansprüche gegen Miterben durchzusetzen oder nachzuweisen, dass dies endgültig gescheitert ist (Anschluss an LSG Schleswig vom 14.3.2006 - L 9 B 65/06 SO ER).

2. Ein endgültiges Scheitern der Durchsetzung dieser Ansprüche kann nicht angenommen werden, wenn einer der Miterben dem Hilfesuchenden gegenüber nur telefonisch eine Übernahme der Bestattungskosten verweigert hat und der Hilfesuchende nicht wenigstens zwei Mal schriftlich seine Ansprüche geltend gemacht hat.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 12.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2007 verpflichtet, der Klägerin weitere 7,77 Euro für Bestattungskosten zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Sozialhilfe für Beerdigungskosten.

Die Klägerin ist die Witwe ihres am … 2006 verstorbenen Ehemannes. Sie hat ihn neben dessen sechs Kindern zu ein Halb beerbt. Der Nachlass des Verstorbenen hatte einen Wert von 78,03 Euro.

Die Klägerin bezieht Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich zirka 560 Euro und Witwenrente in Höhe von knapp 400 Euro. Am 30.4.2006 hatte sie Bankguthaben in Höhe von insgesamt 7,77 Euro.

Am 27.4.2006 beantragte die Klägerin bei der Stadt Ob. die Übernahme der für die Bestattung ihres verstorbenen Mannes angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt 3.090,33 Euro. Sie fügte dem Antrag eine Rechnung eines Bestattungsunternehmens über 1.174,50 Euro, eines Steinmetzes über 861,30 Euro, einen Friedhofsgebührenbescheid der Stadt Op. über 536 Euro, eine Krematoriumsrechnung über 409,83 Euro, eine Rechnung des Klinikums Of. über 31 Euro und eine Rechnung des Floristen “B.„ über 77,70 Euro bei.

Mit Bescheid vom 12.9.2006 übernahm der Beklagte einen Teil der Bestattungskosten in Höhe von 1482,03 Euro. Zur Begründung führte er aus, von der eingereichten Rechnung der Firma “B.„ hätten nur die Kosten für ein Trauergesteck in Höhe von 45 Euro berücksichtigt werden können. Von den anerkennungsfähigen Bestattungskosten sei der Nachlass des Verstorbenen in Höhe von 78,03 Euro abzuziehen. Von dieser Differenz entfalle auf die Klägerin ein Anteil in Höhe der Hälfte, also 1.489,80 Euro. Von diesem Anteil sei vorrangig einzusetzendes Vermögen der Klägerin in Höhe von insgesamt 7,77 Euro abzuziehen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 2.10.2006 mit dem Ziel der vollen Kostenübernahme durch den Beklagten Widerspruch. Sie sei nach dem baden-württembergischen Bestattungsgesetz bestattungspflichtig. Diese Bestattungspflicht bestehe unabhängig von ihrer Erbeneigenschaft. Zudem sei es ihr nicht zumutbar, sich an die Erben zu wenden.

Im Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 23.2.2007 blieb der Widerspruch der Klägerin ohne Erfolg. Anspruchsberechtigte im Sinne von § 74 SGB XII sei derjenige, der zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet sei. Aus den Sozialhilferichtlinien ergebe sich, dass der Erbe die Kosten der Bestattung des Erblassers zu tragen habe. Der Klägerin werde nicht zugemutet, die gesamten Bestattungskosten zu übernehmen. Vielmehr habe sie die Möglichkeit, die Hälfte der Bestattungskosten von den anderen Erben zu erlangen. Es sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, dass der Sozialhilfeträger als Ausfallbürge eintritt. Soweit die Miterben nicht in der Lage seien, sich auf Grund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den Bestattungskosten zu beteiligen, stehe es ihnen frei, bei dem zuständigen Sozialhilfeträger einen Antrag auf Übernahme des auf sie entfallenden Bestattungskostenanteils zu stellen.

Gegen den Bescheid des Beklagten vom 12.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2007 hat die Klägerin am 16.3.2007 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Sie ist der Auffassung, dass es im Rahmen von § 74 SGB XII nicht auf die gesetzliche Erbfolge ankomme. Der Beklagte habe die Kosten vielmehr unabhängig von der Erbfolge zu erstatten. Die Klägerin sei nach § 31 des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes zur Bestattung verpflichtet gewesen. Die Miterben seien nicht in der Lage, sich an den Kosten der Bestattung zu beteiligen. Sie ist weiter der Auffassung, dass es ihr unzumutbar sei, die Bestattungskosten zu tragen, weil ihr Einkommen nur sehr knapp über dem Sozialhilfeniveau liege.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 12.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, weitere 1.608,39 Euro für Bestattungskosten zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Erhält den...

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