Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. gemischte Tätigkeit. betrieblicher Zweck. Marketing. Fußballspiel einer Betriebsfußballmannschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind bei einer sogenannten gemischten Tätigkeit der betriebliche und der eigenwirtschaftliche Zweck für den Versicherten gleichwertig mit der Folge, dass die Tätigkeit bei Entfallen eines der beiden Zwecke - gleich welchen - nicht vorgenommen worden wäre, besteht Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Zur Abgrenzung versicherter von unversicherten gemischten Tätigkeiten bedarf es daher eines Doppelhypotheseverfahrens, bei dem einmal der betriebliche, einmal der eigenwirtschaftliche Zweck hinwegzudenken ist.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2006 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Sportunfall des Klägers vom 08.06.2005 um einen Arbeitsunfall handelt.

3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Sportunfalls als Arbeitsunfall.

Der Kläger, geboren am ..., ist Beschäftigter beim Mitgliedsunternehmen der Beklagten, (Freizeitpark ...). Am 8.6.2005 nahm er an einem Fußballspiel der Betriebsfußballmannschaft dieses Unternehmens gegen die Betriebsfußballmannschaft des Freizeitparks … (Schweden) teil, wo das Spiel auch stattfand. Dabei knickte er um und zog sich einen vorderen Kreuzbandriss des rechten Knies zu. Die Beklagte erhielt von diesem Vorfall durch die Anmeldung eines Erstattungsanspruchs der Krankenkasse des Klägers unter dem 5.12.2005 Kenntnis.

Am 14.12.2005 und 15.2.2006 teilte das Arbeitgeberunternehmen auf Anfrage der Beklagten folgendes mit: Die Betriebsmannschaft bestehe seit ca. 1980, es werde ausschließlich Fußball gespielt. Der Arbeitgeber stelle die Sportkleidung, nicht aber Sportgeräte und Sportplatz. Gespielt werde vielmehr auf dem Platz des SV R in der unmittelbaren Nachbarschaft des Betriebsgeländes. Die Frage, ob die Übungen regelmäßig durchgeführt würden, wurde verneint. Zum Kreis der Mannschaft zählten 15 bis 20 Betriebsangehörige und keine betriebsfremden Personen; hiervon seien 15 anwesend gewesen, als der Unfall geschah. Es habe sich um ein Freundschaftsspiel im Rahmen eines dreitägigen Aufenthalts in Schweden gehandelt, der im Zusammenhang mit dem dortigen Auslandspraktikum von Herrn M (Sohn eines Geschäftsführers und Prokurist) gestanden habe. Dieser sei als Spielführer auch als Beauftragter des Unternehmers bei der Veranstaltung anwesend gewesen. Zweck der Veranstaltung sei die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen beider Freizeitparks gewesen. Jährlich trage die Betriebsmannschaft fünf bis acht Spiele gegen betriebsfremde Mannschaften aus.

Der Kläger teilte am 30.5.2006 auf Frage der Beklagten mit, die Reise nach Schweden sei als Betriebsausflug in den dortigen Freizeitpark organisiert und mit dem Spiel gegen die Betriebsmannschaft dieses Parks verbunden worden. Jeder Spieler bzw. Mitarbeiter habe sich mit 50 € pauschal am Flug beteiligt. Die übrigen Kosten (Reise, Unterkunft, Verpflegung) seien von den Betrieben übernommen worden. Die drei Abwesenheitstage seien zur Hälfte als Sonderurlaub gewährt, 1,5 Tage seien vom Jahresurlaub abgezogen worden.

Mit Bescheid vom 17.8.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 8.6.2005 als Arbeitsunfall ab. Sie begründete dies damit, dass es sich bei dem Spiel nicht mehr um Betriebssport im eigentlichen Sinne gehandelt habe, da die erforderliche gewisse Regelmäßigkeit der Übungen sowie der Ausgleichszweck zur betrieblichen Tätigkeit fehlten. Auch eine Einstufung als Betriebsveranstaltung komme nicht in Betracht, da die Veranstaltung nicht allen Beschäftigten des Arbeitgebers offen gestanden habe. Der dagegen mit Schreiben des Klägers vom 16.9.2006 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.006 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 17.1.2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg.

Der Kläger trägt vor, die Mannschaft trage regelmäßig mehrere Spiele jährlich aus und legt dies für die Jahre 2003 bis 2006 im Einzelnen dar. Hieraus ergibt sich eine Häufigkeit von drei bis fünf Spielen pro Jahr. Der Kläger trägt weiter vor, jeweils vor den Spielen würden ein bis zwei Trainingseinheiten durchgeführt. Die Teilnahme am Betriebssport stehe jedem Mitarbeiter frei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17.8.2006 in der Fassung des Widerspruchs-bescheids vom 14.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Sportunfall des Klägers vom 8.6.2005 um einen Arbeitsunfall handelt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtsfehlerfrei.

Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts in der Sitzung vom 24.7.2007 den Kläger befragt sowie den für die Betriebsfußballmannschaft zuständigen Mitarbeiter ...

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