Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Verfahrensgebühr. Anrechnung der im Vorverfahren verdienten Geschäftsgebühr. deckungsgleiche Begründung im Vorverfahren und im Eilverfahren. keine Begründung der Eilbedürftigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Anrechnung einer im Vorverfahren verdienten Geschäftsgebühr Nr 2302 VV-RVG (juris: RVG-VV) auf die Verfahrensgebühr Nr 3102 VV-RVG in einem inhaltlich damit zusammenhängenden gerichtlichen Eilverfahren.
2. Deckungsgleiche Begründung im Widerspruchsverfahren und im Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Sanktionsbescheides wegen Meldeversäumnis, wobei eine Begründung der Eilbedürftigkeit nicht erfolgte.
Tenor
1. Die Erinnerung vom 29.04.2019 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.04.2019 wird zurückgewiesen.
2. Der Erinnerungsgegner hat der Erinnerungsführerin die Kosten des Verfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Erinnerungsgegner an die Erinnerungsführerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für das Eilverfahren S 26 AS 161/18 ER vor dem Sozialgericht für das Saarland. Im Streit steht die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung, konkret die Frage, inwieweit die Geschäftsgebühr für das Vorverfahren auf die Verfahrensgebühr für das Eilverfahren anzurechnen ist.
In dem genannten Ausgangsverfahren beantragte die anwaltlich vertretene Erinnerungsführerin am 22.08.2018 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.08.2018 gegen den Sanktionsbescheid vom 25.07.2018 betreffend eine Minderung des Regelsatzes um 10% wegen eines Meldeversäumnisses. Diesen Sanktionsbescheid nahm der Erinnerungsgegner mit Bescheid vom 27.08.2018 nach Überprüfung (§ 44 SGB X) zurück. Die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, welches von der Erinnerungsführerin für erledigt erklärt wurde, erkannte der Erinnerungsgegner mit Schriftsatz vom 08.10.2018 dem Grunde nach an. Zudem wurden der Erinnerungsführerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens erstattet (Geschäftsgebühr i.H.v. 300,00 €).
Die Erinnerungsführerin beantragte am 03.09.2018 die Kosten gegen den Erinnerungsgegner festzusetzen, nämlich eine Verfahrensgebühr nach 3102 VV RVG i.H.v. 300,00 €, Pauschale 7002 VV 20,00 € sowie Umsatzsteuer 7008 VV 60,80 €, insgesamt 380,80 €.
Hierauf erwiderte der Erinnerungsgegner, auf die geltend gemachte Verfahrensgebühr im Eilverfahren sei wegen Synergie-Effekts die bereits gezahlte Geschäftsgebühr hälftig anzurechnen. Somit seien lediglich 202,30 € festzusetzen.
Die Erinnerungsführerin entgegnete, Widerspruchsverfahren und Eilverfahren seien zwei selbständige Verfahren und daher als verschiedene Angelegenheiten abzurechnen. Weiterhin müsse der Erinnerungsgegner gerade verklagt werden (S 26 AS 1007/18), da er sich weigere, die Kosten des Widerspruchsverfahren vollumfänglich zu erstatten.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.04.2019 wurden die vom Erinnerungsgegner der Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten unter Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr aus dem Widerspruchsverfahren auf die Verfahrensgebühr im Eilverfahren auf 202,30 € festgesetzt. Auf die dort angeführten Gründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Hiergegen wurde am 29.04.2019 Erinnerung eingelegt. Es gebe keine Norm, die eine Anrechnung vorschreibe. Der Gesetzgeber habe, wenn er denn bestimmte Kappungen bzw. Anrechnungen gewollt habe, diese ausdrücklich im Gesetz statuiert. Eine solche Regelung fehle. Das Gesetz schreibe nicht explizit vor, dass Synergie-Effekte im ER-Verfahren zu berücksichtigen seien. Eine Norm fehle; für eine analoge Anwendung sei keine planwidrige Lücke erkennbar. Im Eilverfahren seien zusätzliche Ausführungen notwendig, um einen Anordnungsgrund zu schaffen. Dies sei in jedem Einzelfall ein anderer Mehraufwand. Eine Einzelfallbetrachtung spreche daher gegen die Annahme, dass pauschal 150,00 € wegen Synergien abgezogen werden müssten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands und insbesondere wegen des Vorbringens der Beteiligten zur Begründung ihrer Anträge wird auf die Gerichtsakte verwiesen (S 26 SF 15/19 E). Darüber hinaus wird auf den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens vor dem Sozialgericht für das Saarland (S 26 AS 161/18 ER) und der Gerichtsakte S 26 AS 1007/18 Bezug genommen. Die Akten lagen der Entscheidungsfindung zugrunde.
II.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts für das Saarland vom 23.042019 ist gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingegangen.
Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bei ihrer Entscheidung die von der Erinnerungsführerin begehrte Rechtsanwaltsvergütung nicht in voller Höhe festgesetzt.
Erstattungsfähig sind gemäß § 193 Abs. 2 SGG die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwend...