Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Saarbrücken vom 18.7.2011 - S 1 KR 325/10, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 8).
3. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zulassung der Beigeladenen zu 8) zur ambulanten Versorgung in bestimmten Teilbereichen der Onkologie.
Die Kläger sind Fachärzte für Innere Medizin - Hämatologie und internistische Onkologie - und betreiben zusammen in S., …., eine Praxis für Hämatologie und Onkologie als Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts. Sie sind zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beigeladene zu 8) hatte im April 2008 für die von ihr betriebene Klinik in der … die Zulassung zu verschiedenen ambulanten Behandlungen gemäß § 116b SGB V für die ambulante Diagnostik und Versorgung von Patientinnen und Patienten mit verschiedenen onkologischen Erkrankungen, nämlich gynäkologischen Tumoren, mit Tumoren des lymphatischen, blutbildenden Gewebes und schweren Erkrankungen der Blutbildung, mit Kopf- und Halstumoren, mit Hauttumoren, mit Tumoren der Lunge und des Thorax ausschließlich Herztumoren, mit Hauttumoren und mit Knochen- und Weichteiltumoren beantragt. Diesen Anträgen wurden durch Einzelbescheide vom 1.9.2009 seitens des Beklagten jeweils stattgegeben, teilweise mit geringen Einschränkungen.
Eine zuvor von dem Beklagten vorgenommene Anhörung der Beigeladenen zu 1) bis 7) hatte ergeben, dass diese sich gegen die beantragte Zulassung aussprechen.
Mit der am 14.12.2009 bei dem erkennenden Gericht eingegangenen Klage wenden sich die Kläger gegen die in den Bescheiden vom 1.9.2008 ausgesprochenen Zulassungen seitens des Beklagten.
Die Kläger tragen vor,
die Klage sei zulässig und begründet. Dabei werde zunächst auf die Rechtsprechung des Sozialgerichts Dresden und des Sächsischen Landessozialgerichts in dessen Beschluss vom 3.6.2010 (L 1 KR 94/10 B ER), sowie auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (L 11 KA 91/10 B ER) verwiesen.
Zwar würden sich die angefochtenen Bescheide nicht an die Kläger selbst richten, doch seien diese mittelbar beziehungsweise durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Bescheide betroffen. Dies reiche im Regelfall für eine rechtliche Betroffenheit zwar nicht aus, doch sei die Frage, ob einer bestimmten Regelung auch drittschützende Wirkung beizumessen sei, keine Frage der Zulässigkeit der Klage. Unzulässig sei diese nur, wenn der von den Klägern angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig unter keinem Blickwinkel Rechte der Kläger verletzen könnte.
Die damit zulässige Klage sei auch begründet.
Die Vorschrift des § 116b Abs. 2 SGB V habe drittschützende Wirkung, obwohl nicht ausdrücklich ein Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gesetzlich festgelegt sei. Der Drittschutz sei unter Würdigung von Sinn und Zweck der Regelung und dessen Wortlaut aus einer verfassungsrechtlichen Würdigung der Wettbewerbsbedingungen im staatlich regulierten Gesundheitsmarkt und unter Berücksichtigung der Grundrechte der Kläger aus Artikel 12 und Artikel 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Erwägungen, die für die Konkurrenzsituation im Verhältnis niedergelassener Ärzte zu ermächtigten Ärzten zu beachten seien, seien auch bei § 116b Abs. 2 SGB V zu beachten. Vertragsärzte hätten zwar aufgrund ihres Zulassungsstatus keinen Rechtsanspruch auf Sicherung einer ungefährdeten wirtschaftlichen Tätigkeit. Jedoch könne das Grundrecht des niedergelassenen Arztes beeinträchtigt werden, wenn durch Verwaltungsakt eine Wettbewerbsänderung mit erheblichen Konkurrenznachteilen zu Lasten der niedergelassenen Ärzte herbeigeführt werde und dies im Zusammenhang mit staatlicher Planung und Verteilung staatlicher Mittel. Eine tragfähige ambulante Versorgung durch niedergelassene Ärzte setze voraus, dass diese innerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung nur einer tragbaren Wettbewerbssituation ausgesetzt seien. Die Auswirkungen der Zulassung der Beigeladenen zu 8) zur ambulanten Versorgung auf die vertragsärztliche Versorgungssituation habe der Beklagte in seine Erwägungen nicht einbezogen. Dabei habe die Beigeladene zu 1) darauf hingewiesen, dass die ambulante Behandlung von Tumorpatienten in ausreichendem Maße durch Vertragsärzte sichergestellt sei.
Die Wettbewerbssituation zwischen der Beigeladenen zu 8) und den Klägern sei aufgrund der räumlichen Nähe evident. Durch die Bescheide des Beklagten würden zirka 80% der Leistungen abgedeckt, die im Therapie- und Diagnosebereich in der Berufsausübungsgemeinschaft der Kläger bei deren Patienten anfallen würden. Damit stehe auch ein gleich hoher Prozentsatz des Honorars bei rechtskräftig werdenden Bescheiden des Beklagten für die Kläger "auf dem Spiel". Durch die streitgegenständl...