Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Implantation eines Neurostimulators zur epiduralen Rückenmarkstimulation. Versorgungsauftrag für das Fachgebiet "Chirurgie" ausreichend

 

Orientierungssatz

Für die Implantation eines Neurostimulators zur epiduralen Rückenmarkstimulation ist der Versorgungsauftrag für das Fachgebiet "Chirurgie" ausreichend, sodass es eines solchen für das Fachgebiet "Neurochirurgie" nicht bedarf.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.04.2024; Aktenzeichen B 1 KR 91/22 B)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.129,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin behandelte in dem von ihr betriebenen Kreiskrankenhaus A-Stadt den bei der Beklagten krankenversicherten und im Zeitpunkt der Aufnahme 59 Jahre alten H. S. (im Folgenden nur: Versicherter) in der Zeit vom 8. bis 22. November 2017 im Rahmen eines vollstationären Aufenthalts. Dabei wurde operativ ein Neurostimulator zur epiduralen Rückenmarkstimulation in den Körper des Versicherten implantiert; dies entsprach nach der DRG-Verschlüsselung der vorbezeichneten Behandlung vom 21. November 2017 dem OPS 5-039.n1 Implantation eines Neurostimulators zur epiduralen Rückenmarkstimulation ohne Implantation einer Neurostimulationselektrode: Mehrkanalstimulator, vollimplantierbar, nicht wiederaufladbar.

Mit Datum vom 15. Dezember 2017 stellte sie der Beklagten für diese Behandlung auf der Basis der DRG I10B und der Berechnung des Zusatzentgelts ZE141 für einen „Neurostimulator zur Rückenmarkstimulation oder zur Stimulation des peripheren Nervensystems, Mehrkanalstimulator, nicht wiederaufladbar, ohne Sonderimplantation“ einen Gesamtbetrag von 17.129,63 EUR in Rechnung. Die Beklagte verweigerte den Ausgleich der Rechnung vollständig.

Mit Schriftsatz vom 12. November 2018, der am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Vergütungsbegehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass die Berechnung des Zusatzentgelts ZE141 entgegen der vorprozessual geäußerten Auffassung der Beklagten keine vorherige Vereinbarung im Rahmen einer Budgetvereinbarung voraussetze, sofern ein dem Versorgungsauftrag des jeweiligen Krankenhauses entsprechendes Entgelt berechnet werde. Letzteres werde von der Beklagten zwar ebenfalls in Abrede gestellt, dies sei aber unzutreffend, da die Implantation eines Neurostimulators dem Fachgebiet „Chirurgie“ unterfalle, für den unumstritten ein Versorgungsauftrag für das klägerische Plankrankenhaus bestehe. Eines Versorgungsauftrages für das Fachgebiet „Neurochirurgie“ bedürfe es gerade nicht. Im Übrigen setze der diesbezüglich zu kodierende OPS keine besondere Qualifikation oder ein sonstiges Strukturmerkmal für die Kodierung der Implantation eines Neurostimulators voraus. Zum Beleg ihrer Auffassung hat die Klägerin verschiedene gutachterliche Stellungnahmen sowie eine Stellungnahme der Ärztekammer Nordrhein im Hinblick auf die Zugehörigkeit der streitigen, das Zusatzentgelt auslösenden Prozedur zu einem bestimmten ärztlichen Fachgebiet vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.129,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 17. Januar 2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den Inhalt Ihrer Verwaltungsakte und führt ergänzend aus, dass der MDK im Jahr 2016 eine strukturelle Bewertung vorgenommen habe, ob das klägerische Krankenhaus die personellen, fachlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Berechnung des Zusatzentgelts ZE140 erfülle. Da die Klägerin jedoch nur über eine Fachabteilung „Chirurgie“, nicht aber die nach der S3-Leitlinie „Epidurale Rückenmarkstimulation zu Therapie chronischer Schmerzen“ erforderliche Profession der Neurochirurgie verfüge, sei die Prüfung zulasten der Klägerin ausgefallen. Insofern sei infrage zu stellen, ob die abgerechnete Leistung der Klägerin überhaupt unter ihren Versorgungsauftrag falle; nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Hessen scheine die Implantation von Elektroden in den Spinalraum eher der Neurochirurgie zugehörig. Das klägerische Krankenhaus gehöre zur ersten Versorgungsstufe; medizinisch höchst anspruchsvolle und risikoreiche Eingriffe der Neurochirurgie wie die Einsetzung eines Elektrostimulators am Rückenmark seien jedoch Krankenhäusern mit höherer Versorgungsstufe vorbehalten.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet; die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung.

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. ...

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