Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen von Unfallversicherungsschutz bei Unterbrechen des Betriebswegs
Orientierungssatz
1. Hat sich ein vom Versicherten geltend gemachter Arbeitsunfall vor dem 1. 1. 1997 ereignet, so sind zu dessen Anerkennung die Vorschriften der RVO maßgeblich.
2. Zur Anerkennung als Arbeitsunfall ist die sichere Feststellung erforderlich, dass im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde. Die Beweislast dafür trägt der Versicherte. Das Vorliegen einer nicht betriebsbedingten Unterbrechung bzw. einer eigenwirtschaftlich bedingten Verzögerung des Betriebswegs beseitigt den Versicherungsschutz. Bei Vorliegen einer nur bis zu 2 Stunden dauernden Unterbrechung lebt der Versicherungsschutz wieder auf.
3. Für die Nichterweislichkeit der Dauer des Verzögerungszeitraums trägt der Versicherte die Beweislast.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung des Verkehrsunfalles des Klägers vom 17.12.1993 als Arbeits-/Wegeunfall.
Der 1951 geborene Kläger war zur Zeit des Unfalls in D-Stadt, D-Straße, in der Nähe von E Stadt wohnhaft. Als Inhaber eines Einzelhandelunternehmens in D-Stadt, F-Straße, (Obst, Gemüse, Feinkostartikel, Spirituosen, Blumengestecke; Gewerbeanmeldung vom 06.11.1992) war er bei der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel unfallversichert. Daneben betrieb er noch eine Sportagentur (A. A., Organisationsleiter, Sport-Beratung-Management-Organisation; D-Stadt, G-Straße) und beriet und vermittelte Spieler, insbesondere von Vx1. (u. a.: H., I., J., K.) an westdeutsche Vereine (u. a.: Vx2., Vx3.)
Am 04.03.1994 meldete Frau L., die Geschäftsführerin seines Einzelunternehmens "AXX.", der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel den Unfall vom 17.12.1993 und führte aus, der Unfall habe sich auf der Fahrt zu einem geschäftlichen Gerichtstermin ereignet.
Daraufhin nahm die Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel die Ermittlungen auf. Am 20.04.1994 teilte der Kläger der BG für den Einzelhandel mit, dass er neben dem Obst- und Gemüsegeschäft noch eine Sportagentur betreibe. Er führe eine Spielerberatung bei den Fußballbundesligaspielern durch. Daher sei er um den 17.12.1993 nach Dresden gefahren und habe mit den Spielern von Vx1. Gespräche geführt. Auf der Rückfahrt bei Bad Hersfeld habe ein Lastwagen einen Teil der Ladung verloren und daher sei es zu dem Unfall gekommen. Nach der beigezogenen Verkehrsunfallanzeige der Polizeiautobahnstation Bad Hersfeld vom 17.12.1993 war auf der Autobahn bei N..., Ortsteil P-Stadt, Kreis Hersfeld-Rothenburg, von der Ladung eines unbekannten Fahrzeuges oder Anhängers eine ca. 1 m² große und 4 mm starke Hartfaserplatte auf die Fahrbahn gefallen. Vermutlich durch den Fahrtwind vorausfahrender Fahrzeuge wurde diese Platte hochgeschleudert und flog vor den Pkw, einem Audi/D11, des Klägers. Wahrscheinlich durch eine Überreaktion (Fahrfehler) beim Ausweichen geriet der Kläger am 17.12.1993, 00:27 Uhr, mit seinem Pkw bei hoher Geschwindigkeit nach rechts von der Fahrbahn ab, durchfuhr den Flutgraben, überschlug sich mit dem Fahrzeug mehrmals auf einer Strecke von 40 m auf der ansteigenden Böschung und entwurzelte dabei eine starke Birke. Anschließend blieb das Kfz schwerbeschädigt quer an der Böschung auf den Rädern stehen. Der Kläger und seine vorn rechtssitzende Mitfahrerin, die Zeugin A., wurden schwerverletzt; ein im Fond mitfahrender Mann, der Zeuge N., wurde leicht verletzt. Am Pkw entstand Totalschaden. Nach dem beigezogenen Entlassungsbericht der Unfallchirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses Bad Hersfeld vom 22.12.1993 (stationäre Behandlung vom 17.12. 22.12.1993) erlitt der Kläger unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnkontusion, Verdacht auf LWK 1-Fraktur, Gesichtsplatzwunden und Prellungen. Die krankenhausärztliche Weiterbehandlung erfolgte auf Wunsch der Angehörigen in Köln-Mehrheim.
Auf Rückfragen der BG teilten die Bevollmächtigten des Klägers, zuerst mit Schreiben vom 01.09.1994, mit, der Unfall habe sich im Zusammenhang mit einer Auslieferungsfahrt für sein Unternehmen AXX. zu verschiedenen Kunden in Dresden ereignet. Die Kunden, J. und K., hätten Weihnachtsbestellungen in Form von Obst, Gemüse und Feinkost aufgegeben. Des Weiteren habe der Kläger am 17.12.1993 einen Gerichtstermin vor dem Oberlandesgericht Dresden wahrgenommen, zu dem er als Zeuge geladen worden war. Mit Verfügung vom 18.11.1993 des Oberlandesgericht Dresden wurden zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung in dem Rechtsstreit H., E-Stadt, gegen Vx1., vertreten durch den Präsidenten Herrn O., am Donnerstag, 16.12.1993, 14:00 Uhr, unter anderem als Zeugen gemäß § 273 Abs 2 Nr. 4 ZPO geladen: A. A., I. und J. Nach dem beigezogenen Protokoll des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden, aufgenommen in der öffentlichen Sitzung am 16.12.1993, in Dresden, w...