Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Zuschuss zum Beitrag für eine private Kranken- und Pflegeversicherung. Ausschluss von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. analoge Anwendung des § 26 Abs 2 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB 2. Übernahme des halbierten Beitrages im Basistarif in voller Höhe. Bedarfsunterdeckung. Ruhen der Versicherungsleistungen. Nachholbedarf. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
1. Ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, der wegen § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, sondern im sog Basistarif bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, hat gegenüber dem Grundsicherungsträger einen Anspruch auf Übernahme seines gesamten Krankenversicherungsbeitrags gem § 26 Abs 2 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB 2 analog, wenn er diesen mangels Einkommens nicht absetzen kann und der Beitrag bereits nach § 12 Abs 1c S 4 VAG um die Hälfte vermindert ist; sein Anspruch ist dann nicht auf den in § 12 Abs 1c S 6 Halbs 2 VAG genannten Betrag begrenzt.
2. Hat ein Versicherer infolge von Beitragsrückständen das Ruhen der Versicherungsleistungen angeordnet, haftet er währen der Ruhenszeit ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankung und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Zwar sieht § 193 Abs 6 S 5 Alt 2 VVG 2008 vor, dass das Ruhen beendet ist, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig iS des SGB 2 oder SGB 12 wird. Dabei ist umstritten, ob diese Vorschrift auch für den Fall gilt, dass jemand bereits im Leistungsbezug nach dem SGB 2 steht und dann durch Beitragsschulden das Ruhen der Leistungen in Betracht kommt (vgl SG Stuttgart vom 13.8.2009 - S 9 AS 5003/09).
3. Eine Gewährung von Leistungen für die Zeit vor dem Antrag kommt bei einem Nachholbedarf in Betracht, dh wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig einen monatlichen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 306,16 EUR für den Zeitraum vom 01.05.2009 bis 31.12.2009 zu zahlen. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung der Antragstellerin in voller Höhe.
Die am 00.00.00 geborene Antragstellerin beantragte am 06.02.2009 bei der Antragsgegnerin für sich und ihre 3 minderjährigen Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Zum Zeitpunkt der Antragstellung war sie bei der D. Krankenversicherung AG privat kranken- und pflegeversichert.
Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin und ihren Kindern mit Bescheid vom 13.03.2009 Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 641,09 EUR und für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis 31.08.2009 in Höhe von monatlich 600,09 EUR.
Mit Schreiben vom 11.05.2009 beantragte die Antragstellerin die Übernahme der vollständigen Kosten der privaten Krankenversicherung für den hälftigen Basistarif sowie die Kosten der Pflegeversicherung. Laut einer Auflistung der Krankenversicherung beliefen sich diese monatlich anfallenden Kosten auf insgesamt 306,16 EUR (BTN0: 284,82 EUR, PVN: 21,34 EUR).
Mit Bescheid vom 14.07.2009 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten der privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 306,16 EUR ab. Nach den gesetzlichen Bestimmungen könne nur ein Zuschuss zur Zahlung der privaten Krankenversicherung gewährt werden. Auf eine darüber hinaus gehende Übernahme der Kosten für die private Krankenversicherung bestehe kein Rechtsanspruch.
Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden hat.
Mit Schreiben der D. Versicherung vom 25.06.2009 wurde die Antragstellerin darüber informiert, dass aufgrund der aufgelaufenen Beitragsrückstände in Höhe von 336,98 EUR das Ruhen der Leistungen ab dem 01.07.2009 eintreten werde. Am 20.08.2009 betrug der Gesamtrückstand für den Zeitraum vom 01.05.2009 bis 01.08.2009 699,46 EUR.
Die Antragstellerin hat am 07.08.2009 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Die Antragsgegnerin hat nach Vorlage der Versicherungsscheins der D. Versicherung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit den Änderungsbescheiden vom 01.09.2009 den ermäßigten Beitragssatz für den Zeitraum vom 01.03.2009 bis 28.02.2010 in Höhe von monatlich 150,88 EUR (Krankenversicherungs-Zuschuss: 129,54 EUR und Pflegeversicherungs-Zuschuss: 21,34 EUR) berücksichtigt.
Die Antragstellerin hat dies als Teilanerkenntnis gewertet und hat daraufhin den Rechtsstreit teilweise in Höhe von 150,88 EUR mtl. für erledigt erklärt. Sie führt zur Begründung ihres Antrags im Übrigen an, es b...