Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Absenkung der Leistungen als Sanktion. Leistungsabsenkung bei einem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft. Anforderung an den Anordnungsgrund bei Geltendmachung geringfügig höherer Leistungsansprüche im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
Orientierungssatz
1. Soll durch eine Sanktion in Form einer Absenkung der Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende das pflichtwidrige Verhalten eines Grundsicherungsempfängers geahndet werden, so darf diese Absenkung bei einem Grundsicherungsempfänger, der in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, nur den ihm zukommenden Teil der Leistung betreffen. Wird dagegen die Sanktion auf die gesamte der Bedarfsgemeinschaft zustehenden Regelleistung bezogen, ist der Sanktionsbescheid rechtswidrig. Dabei darf bei der Ermittlung der auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufzuteilenden Bedarfe auch kein Vorwegabzug von Kindergeld oder Unterhaltsleistungen an die Kinder der Bedarfsgemeinschaft stattfinden.
2. Sollen durch einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren höhere Grundsicherungsleistungen durchgesetzt werden, so fehlt es jedenfalls dann an einem Anordnungsgrund, wenn lediglich geringe monatliche Beträge als höhere Leistungen durchgesetzt werden sollen (hier: 10 Euro), da insoweit auch bei einer Entscheidung erst in der Hauptsache keine gravierenden und irreparablen Nachteile entstehen.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27.05.2008 gegen den Absenkungsbescheid vom 14.05.2008 und den Änderungsbescheid vom 14.05.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 wird angeordnet. Die Aufhebung der Vollziehung des Absenkungsbescheides vom 14.05.2008 und des Änderungsbescheides vom 14.05.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 wird dergestalt angeordnet, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1) die den Antragstellern mit Änderungsbescheid vom 04.03.2008 für die Monate Juni und Juli 2008 bewilligten 843,40 EUR auszuzahlen hat, abzüglich bereits geleisteter Zahlungen an die Antragstellerin zu 1) und deren Vermieterin, sowie der an die Antragstellerin zu 1) bereits ausgegebenen Lebensmitteigutscheine.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe
Der Eilantrag der Antragsteller war sachgerecht primär als solcher auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 27.05.2008 gegen den Absenkungsbescheid vom 14.05.2008 und den Änderungsbescheid vom 14.05.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 auszulegen. Denn mit einem derartigen, gegenüber dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86 b Abs. 2 SGG) vorrangigen, Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG wird dem Begehr der Antragsteller bereits weitestgehendst entsprochen. Bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid und die in seiner Ausführung ergangenen Änderungsbescheide hat die Antragsgegnerin die den Antragsteilern bereits bewilligten Leistungen, zuletzt mit Änderungsbescheid vom 04.03.2008 für die Zeit bis zum 31.07.2008, vollständig zur Auszahlung zu bringen. Nur für die Zeit ab dem 01.08.2008 und hinsichtlich des Juli 2008 lediglich soweit die Regelleistungserhöhung ab 01.07.2008 noch nicht in dem Änderungsbescheid vom 04.03.2008 berücksichtigt ist, verbleibt es bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf Auszahlung von Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ohne Berücksichtigung von Sanktionen. Dieser ist nur deshalb zur Entscheidung gestellt, da die Antragsteller ihren Antrag zeitlich nach hinten nicht befristet und höhenmäßig nicht begrenzt haben. Diese sachgerechten Anträge haben im tenorierten Umfange Erfolg. Sie sind ganz überwiegend begründet. Vollumfänglich gilt dies für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen - wie hier (vgl. § 39 SGB II) - einem Widerspruch keine aufschiebende Wirkung zukommt, diese ganz oder teilweise anordnen. Für diese Entscheidung hat das Gericht zu prüfen, ob das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung das Privatinteresse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt, Bei der hierzu vorzunehmenden Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs vom 27.05.2008, nicht ohne Bedeutung. An der Vollziehung einer offensichtlich rechtswidrigen -und daher im Widerspruchsverfahren aufzuhebenden -.Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist die zu vollziehende Maßnahme dagegen offensichtlich rechtmäßig, kann das Interesse am Aufschub der Vollziehung grundsätzlich als gering veranschlagt werden. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei der im Verfahren nach § 86 b Abs. 1 SGG allein möglichen und ...