Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erstattung von Kopierkosten
Orientierungssatz
Inwieweit Fotokopien zur sachgemäßen Bearbeitung des Rechts geboten sind, bestimmt sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung im Prozessrechtsverkehr. Dabei ist die Eigenverantwortlichkeit des Prozessbevollmächtigten zu berücksichtigen, eine kleinliche Handhabung bei der erforderlichen Glaubhaftmachung der Entstehung der Kosten und ihrer Notwendigkeit ist im Hinblick auf die Entwicklung des gegenwärtigen Rechtsverkehrs zu vermeiden (vgl OVG Münster vom 18.10.2006 - 7 E 1339/05 = NVwZ-RR 2007, 500 und VG Stuttgart vom 3.4.2009 - 6 K 1058/09 = AGS 2009, 318).
Tenor
Auf die Erinnerung des vormaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 07.10.2009 abgeändert und die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 518,13 Euro festgesetzt.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Erinnerungsführer im Rahmen der Bewilligung Prozesskostenhilfe die geltend gemachten Fotokopiekosten (Nr. 7000, Nr. 1a VV RVG) in Höhe von 45,40 Euro zustehen. Der Erinnerungsführer hatte aus der Akte der Beklagten Kopien gefertigt, unter anderem den Arbeitsvertrag des Klägers. Streitig ist zwischen den Beteiligten bezüglich der geltend gemachten Kosten des Erinnerungsführers in Höhe von 518,13 Euro lediglich ein Betrag von 45,40 Euro für Fotokopien, von dem lediglich 10,-- Euro als notwendig angesehen worden sind.
Der als Vertreter der Staatskasse angehörte Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein-Westfalen beantragt vorläufig,
die Erinnerung vom 15.10.2009 gegen die Prozesskostenhilfe-Festsetzung vom 07.10.2009 zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass Unterlagen abgelichtet worden seien, für die eine Erstattung der Kosten nicht erfolgen kann (beispielhaft Anschreiben der Beklagten vom 06.06.2008 an den Erinnerungsführer, Widerspruch des Erinnerungsführers vom 11.04.2008). Er trägt dazu vor, dass Ablichtungen von Arbeitsverträgen des Klägers nicht notwendig waren, weil das Leistungsvermögen abstrakt zu beurteilen sei. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des Prozesskostenhilfe-Beiheftes Bezug genommen.
Die zulässige Erinnerung ist in vollem Umfang begründet. Die Fotokopiekosten waren notwendig. Die Kammer konnte aus dem Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen die Absetzungen im einzelnen erfolgt sind. Sowohl der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle als auch der Bezirksrevisor verkennen bei ihrer Auffassung, dass dem Erinnerungsführer bei der Fertigung von Ablichtungen ein Ermessensspielraum zusteht und es sich bei den hier relevanten Auslagen nicht um unnötige, ersichtlich vermeidbare Kosten handelte (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.12.2006 (1 W 88/06), ähnlich SG Lüneburg, 12. Kammer, S 12 SF 201/09 E), wonach grundsätzlich die Ablichtung der ersten fünfzig Seiten ohne weitere Prüfung der Erforderlichkeit als erstattungsfähig anzusehen sind). Die 18. Kammer schließt sich den in der Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätzen an. Inwieweit Fotokopien zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechts geboten sind, bestimmt sich dabei nicht etwa nach der subjektiven Auffassung des Rechtsanwalts, sondern nach der allgemeinen Verkehrsanschauung im Prozessrechtsverkehr. Dabei ist die Eigenverantwortlichkeit des Prozessbevollmächtigten für die Prozessführung zu berücksichtigen, eine kleinliche Handhabung bei der erforderlichen Glaubhaftmachung der Entstehung der Kosten und ihrer Notwendigkeit ist im Hinblick auf die Entwicklung des gegenwärtigen Rechtsverkehrs zu vermeiden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.10.2006, 7 E 1339/05, Beschluss des VG Stuttgart vom 03.04.2009, 6 K 1058/09). Nach diesem Maßstab verbietet sich die im vorliegenden Fall vom Urkundsbeamten vorgenommene Differenzierung, abgesehen, dass Ablichtungen von Arbeitsverträgen im Rentenverfahren für die Bestimmung des bisherigen Berufs und der durch diese Tätigkeiten vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten von Bedeutung sein können.
Der Beschluss ist endgültig (§§ 56 Abs 2, 33 Abs 3 RVG).
Fundstellen