Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung: Anerkennung einer Berufskrankheit bei LWS-Syndrom

 

Orientierungssatz

Tritt ein Bandscheibenschaden nur am unteren Segment der Wirbelsäule auf, so kann nicht von einem Ursachenzusammenhang zwischen dem Wirbelsäulendefekt und einer beruflichen Belastung durch schweres Heben ausgegangen werden. Eine Einstufung des Wirbelsäulendefekts als Berufserkrankung kommt deshalb in diesem Fall nicht in Betracht.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit nach der Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1957 geborene Kläger war als Montageschlosser bei verschiedenen Arbeitgebern tätig. Er wurde in Papier- und in Lebensmittelfabriken als Monteur und als Schweißer eingesetzt. Es handelte sich um das Verrichten, Schweißen und Montieren von Rohren und Halterungen, Wartungen, Umbau, Neubau, Montage und Demontage von Maschinenteilen wie z. B. Blechen, Pumpen; Lagern, Antrieben, Fundamentschienen, Hydraulikzylindern usw. Diese Arbeiten führte er in unterschiedlichen Körperhaltungen wie Stehen, Hocken, Knien, liegen usw. aus, und es kam zu unterschiedlichen Lastenhandhabungen zwischen 5 und 50 kg. Gegenüber der Beklagten machte der Kläger eine Berufserkrankung nach der Ziffer 2108 geltend und klagte über zunehmende Schmerzen im LWS-Bereich. Die Beklagte leitete ein bg-lichen Ermittlungsverfahren ein.

In einem vor dem Sozialgericht mit dem Az.: S 7 KN 332/06 geführten Rechtstreites diagnostizierte der Orthopäde L aus H in seinem Gutachten vom 05.05.2007 ein rezidivierend auftretendes LWS-Syndrom mit radiologisch nachweisbaren Veränderungen. Im Rahmen einer Kernspintomographie vom 28.04.2006 zeigte sich ein Bandscheibenprolaps L 5 / S 1 und Protrusionen L3 / 4 und L 4 / 5.

Im bg-lichen Ermittlungsverfahren holte die Beklagte ein orthopädisch sozialmedizinisches Gutachten von Dr. G ein. In seinem Gutachten vom 07.08.2014 diagnostizierte dieser Bandscheibenprotrusionen L4 / 5 und L 5 / S 1 mit einer Chondrose vom Grad kleiner I ohne Begleitspondylosen. Es handele sich um umschriebene Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule in Höhe der Segmente C 5 / 6, C6 / 7 und umschriebene, nicht diskogen evozierte Veränderungen an der Lendenwirbelsäule im Sinne einer Spondylosis hyperostotica. Die Bandscheibenschäden an der Hals- und Lendenwirbelsäule seien vergleichbar ausgeprägt. Die Veränderungen seien für einen jetzt 58jährigen nicht altersuntypisch. Die medizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 2108 wurden nicht gesehen.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2014 die Feststellung einer BK Nr. 2108 ab. Den dagegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 21.01.2015 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 04.03.2015 Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben. Der Kläger trägt vor, sein Schlüsselbein sei auf der rechten Schulter als Rechtshänder durch dauerndes schweres Tragen verformt und die Lendenwirbelsäule sei unten krumm geworden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 16.09.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2015 zu verurteilen, bei ihm eine Berufserkrankung nach der Nr. 2108 der Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Gründe ihrer angefochtenen Bescheide.

Das Gericht hat von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten von Dr. W eingeholt. In seinem Gutachten vom 24.08.2015 ist er zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen gelangt: Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2108 seien bisher nicht gesichert. Es könne nicht von einem belastungskonformen Verlauf ausgegangen werden. Die Bandscheibenvorwölbungen in den beiden unteren Segmenten der Lendenwirbelsäule überstiegen die Altersnorm grenzwertig. Für den beruflichen Zusammenhang spreche, dass damit die beiden unteren Segmente der Lendenwirbelsäule belastungskonform betroffen seien. Gegen den Zusammenhang spreche die fehlende Beteiligung der höher gelegenen Segmente der Lendenwirbelsäule und die fehlende Akzentuierung am hauptsächlich belasteten Wirbelsäulenabschnitt. Wäge man die vorstehend genannten Gesichtspunkte gegeneinander ab, so lasse sich ein überwiegen.der Anzahl und Bedeutung der Pro-Argumente nicht erkennen und damit die medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nicht wahrscheinlich machen. Der Kläger leide unter grenzwertig altersuntypischen Bandscheibenvorwölbungen L 4 / 5 und L 5 / S 1 mit hiervon ausgehenden chronisch rezidivierenden Beschwerden. Der tatsächliche Grund der Berufsaufgabe lasse sich nach Aktenlage nicht sicher feststellen. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand lasse sich eine plausible zeitliche Korrelation zwischen dem Beginn der beruflichen Einwirkung und der erstmaligen Diagnose einer bandscheibenbedingten Erkrankung nicht feststellen. Es hand...

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