Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverfahren. Klage des Sozialhilfeträgers auf Feststellung einer Forderung gegen einen Leistungsbezieher zur Vermeidung der Restschuldbefreiung. Rückforderungsanspruch gem § 45 SGB 10. sachliche Zuständigkeit des Sozialgerichts. Verschweigen einer geringfügigen Tätigkeit als unerlaubte Handlung iS des § 823 Abs 2 BGB

 

Orientierungssatz

1. Begehrt ein Sozialhilfeträger im Rahmen einer Klage gem § 184 S 1 InsO die Feststellung, dass das Verhalten eines Leistungsbeziehers, welches einen Rückforderungsanspruch nach § 45 SGB 10 begründet hat, auch als eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zu qualifizieren ist, um eine Restschuldbefreiung gem § 302 Nr 1 InsO bei erfolgter Anmeldung der Forderung gem § 174 Abs 2 InsO zu verhindern, so macht er damit keinen Anspruch aus unerlaubter Handlung gem § 823 BGB geltend, so dass in diesen Fällen die Sozialgerichte über § 185 InsO iVm § 51 Abs 1 Nr 6a SGG zuständig sind.

2. Hat es der Leistungsbezieher während des Bezugs von Sozialhilfeleistungen trotz der bestehenden Anzeigepflicht aus § 60 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 1, über die er durch entsprechende Belehrungen in den Bewilligungsbescheiden informiert war, vorsätzlich unterlassen, dem Sozialhilfeträger die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung und die dadurch erzielten Einkünfte zu melden, so ist dieses Verhalten als unerlaubte Handlung gem § 823 Abs 2 BGB iVm § 263 StGB zu werten.

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten, handelnd unter IS-Transporte, vor dem Amtsgericht Bochum - 00 JO 000/00 - eine Insolvenzforderung in Höhe von 221,09 Euro, wie zu lfd. Nr. 00 des Insolvenzverzeichnisses angemeldet, zusteht.

2. Es wird festgestellt, dass der im Klagenantrag zu Ziffer 1 bezeichneten Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung der Beklagten (§ 174 Abs. 2 InsO) zugrunde liegt.

3. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung einer Forderung gegen die Beklagte gemäß § 184 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO).

Die Klägerin gewährte der Beklagten und ihrem Ehemann seit April 2002 (Bescheide vom 15.04.2002) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und besondere Mietzuschüsse nach §§ 31 ff. Wohngeldgesetz (WoGG). Die Beklagte beantragte noch am 25.06.2002 die Weitergewährung, weil sich die finanzielle Situation nicht geändert habe. Ein Datenabgleich mit dem Finanzamt nach 117 BSHG ergab, dass beide Eheleute Einkünfte als geringfügig Beschäftigte erzielten. Die Fa. C bestätigte der Klägerin, dass die Beklagte dort von Juli bis Oktober 2002 insgesamt 1.238,25 EUR verdient hatte. Die Klägerin stellte daraufhin ihre Leistungen ein und forderte mit 2 Bescheiden vom 11.02.2003 die besonderen Mietzuschüsse für 4 Monate in Höhe von insgesamt 656 EUR (BSHG ) und Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 371,09 EUR zurück. Die Bescheide wurden von der Beklagten nicht angefochten. Infolge der von ihr gezahlten Raten reduzierten sich die Forderungen auf 506,- EUR und 221,09 EUR.

Am 11.11.2002 wurde vor dem Amtsgericht Bochum über das Vermögen der Beklagten wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren-00 JO 000/00 - eröffnet. Gegen die Forderungsanmeldung seitens der Klägerin legte die Beklagte unter dem 09.11.2004 Widerspruch ein.

Die Klägerin hat daraufhin am 17.03.2005 Klage vor dem Sozialgericht erhoben mit dem Antrag

1. festzustellen, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten, handelnd unter IS-Transporte, vor dem Amtsgericht Bochum -00 JO 000/00 - Insolvenzforderungen in Höhe von 506,- EUR und 221,09 EUR, wie zu lfd. Nr. 00 und 00 des Insolvenzverzeichnisses angemeldet, zustehen;

2. festzustellen, dass den im Klageantrag zu Ziff. 1 bezeichneten Forderungen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung der Beklagten (§ 174 Abs. 2 InsO zugrunde liegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Zuständigkeit des Sozialgerichts auch für den besonderen Mietzuschuss nach §§ 31 - 33 WoGG gegeben sei. Die Beklagte bestreitet eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung mit der Begründung, dass sie und ihr Ehemann eine Mitarbeiterin der Klägerin über die Arbeitsaufnahme informiert hätten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Rechtsstreit, soweit er Leistungen nach dem WoGG betrifft, abgetrennt worden. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 0 SO 00/00 fortgeführt. Das Ursprungsverfahren S 0 SO 00/00 betrifft nur noch die Insolvenzforderung wegen Hilfe zum Lebensunterhalt nach BSHG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Alle diese Unterlagen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und nicht vertreten gewesen is...

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