Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der Höhe des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Die Höhe des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten bestimmt sich gemäß §§ 109 Abs. 4 S. 3 SGB 7, 7 S. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 S. 1 Nr 1 KHEntgG, 17b Abs. 1 S. 3 KHG entsprechend dem Fallpauschalenkatalog und den dortigen Kodierrichtlinien.

2. Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG = Diagnosis Related Groups) geordnet. Nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung wird die von der Krankenkasse ztu zahlende Vergütung errechnet. Maßgeblich für die Höhe des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses ist die für die stationäre Behandlung des Versicherten maßgebliche Hauptdiagnose.

3. Im Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB 5 ist die Vereinbarung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist zur nachträglichen Rechnungskorrektur vor Ablauf der gesetzlichen vierjährigen Verjährungsfrist bzw. des in der BSG-Rechtsprechung definierten Zeitraums des Einwendungsausschlusses der Verwirkung nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 S. 1 KHG gedeckt.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.478,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 30.12.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Kosten in Höhe von weiteren 1.478,46 € wegen des stationären Krankenhausaufenthaltes des bei der Beklagten versicherten D.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Der Versicherte (geb. 1939) wurde dort vom 01. bis 09.09.2015 stationär behandelt. Bei Einweisung litt er unter Belastungsluftnot. Im Bereich der Knöchel bestanden Wasseransammlungen. Neu festgestellt wurde eine Herzrhythmusstörung (absolute Arrythmie bei Vorhofflimmern). Aufgrund einer CT-Thorax-Untersuchung konnte eine Lungenembolie ausgeschlossen werden. Es fanden sich jedoch ein rechtsbetonter Pleuraerguss und eine Verkalkung der Herzkranzgefäße. Bei einer Röntgenuntersuchung der Lunge am 02.09.2015 wurden eine Herzvergrößerung und eine kardiale Dekompensation festgestellt. Abschließend erfolgte eine Koronarangiographie mit Stentimplantation im Bereich eines Herzkranzgefäßes.

Am 11.09.2015 stellte die Klägerin der Beklagten mit der Hauptdiagnose I50.13 (Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden bei leichterer Belastung, inkl. NYHA Stadium III) auf Grundlage der DRG F52B insgesamt 4.709,33 € in Rechnung. Den Betrag zahlte die Beklagte unter Vorbehalt und führte ein Prüfverfahren durch. Der SMD kam zu dem Ergebnis, dass Hauptdiagnose I25.11 (chronische ischiämische Herzkrankheit: Ein-Gefäß-Erkrankung) sei. Abzurechnen sei DRG F58B. Zudem sei ein Abschlag für die Belegung am 08.09.2015 vorzunehmen mangels stationärer Behandlungsnotwendigkeit. Am 29.12.2015 verrechnete die Beklagte daher einen Betrag in Höhe von 1.478,46 €.

Am 22.02.2016 hat die Klägerin Klage zu dem Sozialgericht Gießen erhoben. Die Kodierung der Hauptdiagnose I50.13 sei korrekt. Die koronare Ein-Gefäß-Erkrankung sei nicht als Ursache der Herzinsuffizienz anzusehen. Der Versicherte sei wegen zunehmender Dyspnoe bei beginnender Dekompensation aufgenommen worden, also wegen einer Herzinsuffizienz. Eine Entwässerung ergänzt durch eine medikamentöse Behandlung sei die typische Therapie bei diesem Krankheitsbild.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.478,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 30.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV. Demnach habe das Krankenhaus die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen binnen vier Wochen zu übermitteln. Erfolge dies wie im vorliegenden Falle nicht, bestehe nur ein Anspruch nach Maßgabe der zur Verfügung gestellten Unterlagen.

Gemäß Stellungnahme des SMD vom 17.05.2016 bestand keine Herzinsuffizienz. Die Echokardiographie am 03.09.2015 habe eine fast normale Pumpfunktion der linken Herzkammer ergeben. Der Schluss von der Luftnot auf eine Herzinsuffizienz sei nicht nachvollziehbar. Andere Ursachen der Luftnot (z.B. Lungenerkrankung, Übergewicht) seien nicht abgeklärt worden. Zwar sei radiologisch im Bereich der Lunge eine Stauung nachgewiesen worden. Diese sei aber auf die neu aufgetretene Herzrhythmusstörung (Vorhofflimmern) zurückzuführen und nicht auf eine Herzinsuffizienz. Das Vorhofflimmern verhindere eine wirksame Vorhofkontraktion. Die hierdurch deutlich reduzierte Pumpfunktion habe zur Absenkung des Herzzeitvolumens und damit zur Stauung der Lunge geführt. Ursache der Herzrhythmusstörung sei neben der idiopathischen Genese die hier festgestellte koronare Herzgefäßerkrankung. Korrekte Hauptdiagnose sei daher I48.1 (Vorhofflimmern). Eine Herzinsuffizienz sei durch Echokardiographie ...

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