Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Übernahme von Bestattungskosten. Heimleiter als Bestattungspflichtiger. Zumutbarkeit der Kostentragung
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB 12 ist nicht auf natürliche Personen beschränkt. Der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, zunächst die Bestattungskosten zu tragen.
2. Das Nichtauffinden oder Nichtvorhandensein von Angehörigen als Voraussetzung für eine Bestattungspflicht des Heimleiters iS von § 13 Abs 3 BestattG HE 2007 steht der Fallgestaltung gleich, dass ein etwaiger Ausgleichsanspruch gegenüber Dritten zweifelhaft ist und gerichtlich in einem Prozess ungewissen Ausgangs durchzusetzen wäre.
3. Der Anspruch des Heimträgers scheitert nicht an der Zumutbarkeit der Kostentragung. Weder die Sorge dafür, dass bei ihm verstorbene Bewohner bestattet werden, noch die Übernahme der Bestattungskosten fallen in den Aufgabenbereich eines Heimes. Auch besteht für die Heimträger keine Möglichkeit, derartige Aufwendungen bei der Bemessung der erhobenen Sätze zu berücksichtigen. Eine Kostentragung ist damit unzumutbar.
Tenor
1. Der Bescheid vom 28.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2014 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 2.857,69 EUR nebst vier Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit 30.01.2014 zu zahlen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.857,69 EUR festgesetzt.
4. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten - noch - in der Hauptsache die Zahlung von 2.857,69 EUR der von ihr verauslagten Kosten für die Bestattung der am 06.11.2013 verstorbenen D.
Die 1950 geborene D. befand sich im A. mbh-Seniorenpflegeheim in A-Stadt, wo sie am 06.11.2013 verstarb. Hierzu teilte der Einrichtungsleiter dem Beklagten mit Schreiben vom 07.11.2013 Folgendes mit:
"Mit gestrigem Schreiben haben wir Ihnen mitgeteilt, dass die o. g. Bewohnerin verstorben ist. Entsprechend den einschlägigen Vorschriften nach dem Hessischen Friedhof- und Bestattungsgesetz habe ich heute eine kostengünstige Bestattung in Auftrag gegeben. Vorsorglich beantragen wir die Übernahme der Kosten, die uns durch die Bestattung von Frau D. entstehen, durch den Landeskreis A-Stadt, als zuständigem Kostenträger für die Verstorbene."
Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass ein leiblicher Sohn von Frau D. adoptiert war, ein weiterer Sohn lebte in einem Heim in E. Eine Tochter sei verschollen. Nach Aktenlage ergab sich in der Folgezeit, dass sowohl die Tochter als auch der Sohn von Frau D. unter Betreuung standen (Schreiben vom 11.04. und 07.05.2015 des Betreuungsbüros der Tochter von Frau D.).
Am 21.01.2014 übersandte die Klägerin die Rechnungen der Bestattung und den Gebührenbescheid von Frau D. in Höhe von 3.457,50 EUR mit der Bitte um Begleichung an den Beklagten. Gleichzeitig teilte die Klägerin mit, auf dem Barbetragskonto sei noch ein Guthaben in Höhe von 599,81 EUR vorhanden.
Mit Bescheid vom 28.01.2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Beerdigungskosten ab:
"Wir müssen Ihnen in diesem Zusammenhang leider mitteilen, dass für die Beerdigungskosten zunächst der Nachlass der Verstorbenen zu verwenden ist. Sollte dieser nicht ausreichend sein, sind die Kosten von den Erben zu tragen.
Nach unserem Kenntnisstand hatte Frau D. 3 Kinder. Dementsprechend bitten wir Sie, sich mit Ihrer Forderung an die Erben zu wenden. Sollten die Erben nicht in der Lage sein, die Kosten aus ihrem Einkommen und Vermögen zu übernehmen, so steht diesen frei bei uns einen entsprechenden Sozialhilfeantrag auf Übernahme der Beerdigungskosten zu stellen.
Entsprechend der o. g. Ausführungen reichen wir die Rechnung des Bestattungsunternehmens unerledigt an Sie zurück."
Hiergegen legte die Klägerin unter dem 05.02.2014 Widerspruch ein und machte geltend, der Heimträger habe unter keinem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt für die Beerdigungskosten der verstorbenen Bewohnerin einzustehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Klage vom 27.12.2014.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe die Beerdigungskosten nach §§ 74, 98 Abs. 3 SGB XII zu tragen. Das Verwaltungsgericht Gießen habe am 14.12.1999 (4 E 23/96) entschieden, ein Heimträger brauche die Bestattungskosten nicht selbst zu tragen sondern habe einen Erstattungsanspruch gegen den Träger der Sozialhilfe. Es sei nicht Sache des Heimträgers, Angehörige umständlich ausfindig zu machen, um diese in Anspruch nehmen zu können.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin 2.857,69 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.01.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Be...