Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Klage gegen die Prüfmitteilung des Rentenversicherungsträgers bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den beitragspflichtigen Arbeitgeber
Orientierungssatz
1. Die Prüfung eines beitragspflichtigen Arbeitgebers durch den Rentenversicherungsträger für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist wie eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 S. 1 SGB 4 durchzuführen. Die Beitragsforderungen werden dem Insolvenzverwalter mittels einer Prüfmitteilung deklaratorisch angezeigt. Die entsprechende Prüfmitteilung des Rentenversicherungsträgers ist kein Verwaltungsakt i. S. des § 31 S. 1 SGB 10.
2. Die Beitreibung und Vollstreckung der nach Grund und Höhe von den Betriebsprüfungsbehörden festgestellten Forderungen sind den Einzugsstellen vorbehalten (BSG Urteil vom 28. 5. 2015, B 12 KR 16/13 R). Eine gegen die Prüfmitteilung des Rentenversicherungsträgers gerichtete Klage ist daher mangels eines ergangenen Feststellungsbescheides mit Verwaltungsaktqualität unzulässig.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.764,65 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Insolvenzforderung in Höhe von 2.764,65 Euro zur Insolvenztabelle unter laufender Nummer 55.
Die Firma B. GmbH führte bei der Klägerin als gesetzlicher Krankenkasse im Zeitraum vom 01.11.2001 bis zum 31.01.2011 ein Beitragskonto mit der Betriebsnummer 123456 für mehrere Versicherte der Klägerin.
In der Zeit vom 21.12.2010 bis zum 27.02.2013 führte die Deutsche Rentenversicherung Hessen eine Betriebsprüfung bei der Firma B. GmbH für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 durch.
Am 01.04.2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH eröffnet (Az: 3 IN 16/13) und der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Am 31.05.2013 erstellte die Deutsche Rentenversicherung Hessen einen Betriebsprüfbericht. Dieser ergehe gegen den Beklagten und habe nur deklaratorische Bedeutung. Die stichprobenartig durchgeführte Prüfung habe die nachfolgenden näher beschriebenen Feststellungen im Bereich Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrags, § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) i.V.m. § 22 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), ergeben. Die sich aus der Prüfung ergebenden Feststellungen würden Insolvenzforderungen nach § 38 Insolvenzordnung (InsO) in Höhe von insgesamt 674.902,61 Euro betreffen. Die Forderungen seien gemäß §§ 187 ff. InsO zu befriedigen. Die Insolvenzforderungen würden von der(n) zuständigen Einzugsstelle(n) zur Tabelle nach § 175 InsO gemeldet. Eine Zahlungsaufforderung sei hiermit nicht verbunden.
Mit Schreiben vom 10.06.2013 meldete die Klägerin Beitragsrückstände für den Zeitraum vom 11.08.2006 bis zum 15.10.2008 in Höhe von 2.764,65 Euro als Insolvenzforderung beim Beklagten an. Am 11.06.2013 meldete sie die Forderung zur Insolvenztabelle an.
Mit Schreiben vom 17.07.2013 und 31.10.2013 teilte der Beklagte mit, dass er die Insolvenzforderung vorläufig bestreiten werde, weil er das Ergebnis der Betriebsprüfung nicht anerkenne.
Im Prüftermin beim Amtsgericht Wetzlar (Az: 3 IN 16/13) am 09.10.2013 bestritt der Beklagte die angemeldete Forderung der Klägerin.
Am 07.07.2014 hat die Klägerin zunächst vor dem Amtsgericht Wetzlar Klage erhoben, nachdem eine Zahlung durch den Beklagten trotz mehrfacher Aufforderung nicht erfolgte. Zur Begründung führt sie aus, dass die Deutsche Rentenversicherung Hessen berechtigt gewesen sei, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Betriebsprüfung durchzuführen. Der Betriebsprüfbericht werde dann dem Insolvenzverwalter zugeleitet, der ab Insolvenzeröffnung Arbeitgeberfunktion ausübe. Der Betriebsprüfbericht sei ein Verwaltungsakt. Dieser sei bestandskräftig geworden. Die 4-jährige Verjährungsfrist sei noch nicht abgelaufen. Die Verjährung sei für die Dauer einer Betriebsprüfung gehemmt. Die Hemmung beginne mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber und ende mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids, spätestens aber nach dem Ablauf von 6 Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung.
Die Klägerin beantragt,
die Insolvenzforderung der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe von 2.764,65 Euro unter laufender Nummer 55 zur Insolvenztabelle festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, dass es sich bei dem Betriebsprüfbericht um keinen Verwaltungsakt handele. Eine Bestandkraft könne daher nicht eingetreten sein. Zudem bestehe die Forderung auch materiell-rechtlich nicht. Die Rechtspraxis der Deutschen Rentenversicherung Hessen, die Rechtsprechung des BAG vom 14.12.2010 rückwirkend auf Zeiträume anzuwenden, die vor der Entscheidung lägen, begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Des Weiteren erhebe der Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Klägerin mache Ansprüche wegen Beitragsrückständen der Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 11.08.2006 bis zum 15.10.2008 geltend. Eine 30-j...