Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Unzulässigkeit einer Klage gegen die Prüfmitteilung des Rentenversicherungsträgers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den beitragspflichtigen Arbeitgeber. direkte Insolvenzfeststellungsklage. kein Rechtsschutzbedürfnis mangels Verwaltungsaktqualität
Orientierungssatz
Die Prüfmitteilung des Rentenversicherungsträgers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den beitragspflichtigen Arbeitgeber, mittels der dem Insolvenzverwalter Beitragsforderungen deklaratorisch angezeigt werden, stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S 1 SGB 10 dar. Insofern ist eine Klage gegen die Prüfmitteilung unzulässig, denn als "direkte Insolvenzfeststellungsklage" fehlt ihr mangels eines Verwaltungsaktes das Rechtsschutzbedürfnis.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle. Streitig ist u.a., ob es sich bei einer Prüfmitteilung der Beigeladenen um einen Verwaltungsakt handelt.
Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse, bei der als zuständiger Einzugsstelle die Firma C. Personaldienstleistungen GmbH (Schuldnerin) unter der Betriebsnummer 123456 gemeldet ist. In der Zeit vom 21.12.2010 bis zum 27.02.2013 führte die Deutsche Rentenversicherung Hessen (Beigeladene) eine Betriebsprüfung bei der Schuldnerin für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2009 durch. Gegenstand der Prüfung war die Feststellung der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und sich daraus ggf. ergebende Nachforderungen von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. Am 08.03.2013 fand eine Schlussbesprechung statt.
Das Amtsgericht Wetzlar hat mit Beschluss vom 01.04.2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Beklagten als Insolvenzverwalter bestellt (Az: 3 IN 16/13).
Die Beigeladene erstellte mit Datum vom 31.05.2013 eine mit „Insolvenzprüfung“ überschriebene und an den Beklagten adressierte „Prüfmitteilung“; in dem Schreiben heißt es:
„Sehr geehrter Herr A.,
diese Prüfmitteilung ergeht an Sie als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma C. Personaldienstleistungen GmbH (…) und hat nur deklaratorische Bedeutung.
Die stichprobenartig durchgeführte Prüfung hat die nachfolgend näher beschriebenen Feststellungen im Bereich
- Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrages, § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) i.V.m. § 22 SGB IV
ergeben.
Die sich aus der Prüfung ergebenden Feststellungen betreffen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO in Höhe von insgesamt 674.902,61 €.
Die Gesamtforderung setzt sich zusammen aus Beitragsforderungen für die Hauptniederlassungen in (….)
Diese sind nach §§ 187 ff. InsO zu befriedigen. Die Insolvenzforderungen werden der(n) zuständigen Stellen zur Tabelle nach § 175 InsO gemeldet.
Eine Zahlungsaufforderung ist hiermit nicht verbunden. (…)“
Die „Prüfmitteilung“ enthielt außerdem rechtliche Ausführungen zur Unwirksamkeit des einschlägigen Tarifvertrages, zu Prüfzeitraum und Verjährung, zu den Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung, den Berechnungsrundlagen, zu Säumniszuschlägen, Widerrufsvorbehalt und Anhörung (Bl. 7-13 der Gerichtsakte). Zu den Säumniszuschlägen war ausgeführt:
„… Spätestens mit dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 war Ihnen bekannt, dass Ihre Meldungen und Beitragsnachweise objektiv fehlerhaft waren. Sie können nicht geltend machen unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben. Mit Anschreiben vom 21.12.2010 der Deutschen Rentenversicherung Hessen wurde Sie auf Ihre Beitrags- und Meldepflichten im Nachgang zu o.g. Urteil hingewiesen. Aufgrund der daran anschließenden Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit der Deutschen Rentenversicherung Hessen zur Klärung des Sachverhaltes werden keine Säumniszuschläge erhoben….“
Die Beigeladene überließ der Klägerin die Prüfmitteilung mit Schreiben vom 31.05.2013 „zur weiteren Veranlassung (§ 28h Abs. 1 SGB IV)“. Im Anschreiben bezifferte die Beigeladene die auf die Klägerin entfallene Nachforderung auf 1.805,70 €. Der „Prüfmitteilung“ war als Anlage die Berechnung der Beiträge der bei der Klägerin versicherten Beschäftigten D., E. und F. über 1.464,89 € (Zeitraum 11.08.2006 bis 15.10.2008) beigefügt (Bl. 14 bis 17 der Gerichtsakte).
Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 10.06.2013 eine Gesamtforderung in Höhe von 2.764,65 Euro als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle bei dem Beklagten wie folgt an:
Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 11.08.06 aus BP
|
bis 15.10.08 aus BP |
1.805,70 € |
Säumniszuschläge bis 31.03.13 |
954,00 € |
Kosten und Gebühren bis 31.03.13 |
4,95 € |
Mit Schreiben vom 17.07.2013 und 31.10.2013 teilte der Beklagte mit, dass er die Insolvenzforderung vorläufig bestreiten werde, weil er das Erg...