Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. isoliertes Vorverfahren. "dieselbe Angelegenheit" im vergütungsrechtlichen Sinne. materiell- und verfahrensrechtlich auf mehrere Personen verteilte "mehrere Angelegenheiten". Rückforderung. Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB 2
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann bei einem Vorliegen von materiell-rechtlichen und/oder verfahrensrechtlichen "mehreren Angelegenheiten" gleichwohl vergütungsrechtlich "dieselbe Angelegenheit" gegeben ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen
Die Kläger tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung des Klägerbevollmächtigten in einem vor Klageerhebung beendeten - isolierten - Widerspruchsverfahren (§ 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -).
Im Zeitraum Januar 2005 bis Mai 2007 standen die Klägerin zu 1), ihr minderjähriger Sohn sowie ihre im Februar 2006 volljährig gewordene Tochter, die Klägerin zu 2), im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II - SGB II -. Die Beklagte erließ unter dem 17. bzw. 18. April 2008 gegenüber den Klägerinnen jeweils nach Leistungszeiträumen getrennt sechs Aufhebungs- und Erstattungsbescheide (AEB). Die an die Klägerin zu 1) adressierten AEB ergingen ihr gegenüber zugleich als gesetzlicher Vertreterin ihres Sohnes. Von ihr und dem Sohn wurden 4.991,38 € sowie von der Klägerin zu 2) 459,- €, insgesamt 5.450,38 €, zurückgefordert. Als Grund für die (teilweise) Aufhebung der den AEB vorausgehenden Bewilligungsbescheide wurden Unterhaltsleistungen des leiblichen Vaters an den Sohn angegeben. Unter Vorlage einer auf die Klägerin zu 1) lautenden Vollmacht wurde mit zwei anwaltlichen Schreiben vom 19. Mai 2008 für die Klägerin zu 1) und 2) Widerspruch gegen die 12 Bescheide erhoben. Für jeden AEB wurde unter eigenem Aktenzeichen ein separates Widerspruchsverfahren angelegt. Mit zwei an den Bevollmächtigten der Klägerinnen adressierten Abhilfebescheiden vom 31. März 2009 wurden die jeweils sechs AEB aufgehoben. Die Beklagte erklärte sich zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen bereit. Mit 12 Kostennoten machte der Prozessbevollmächtigte für die Vertretung der Klägerinnen im Widerspruchsverfahren seine Aufwendungen für den Verfahrenszeitraum in Höhe von jeweils 309,40 € (nach Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - VV-RVG - eine Geschäftsgebühr 240,- €; nach Nr. 7002 VV-RVG die Auslagenpauschale 20,- € sowie nach Nr. 7008 VV-RVG die Mehrwertsteurer 49,40 €), zusammen 3.712,80 €, gegenüber der Beklagten als Kostenschuldnerin geltend. Die Beklagte setzte mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 6. Mai 2009 die notwendigen Aufwendungen des Bevollmächtigten mit insgesamt 1.175,60 € fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Zwar sei es gerechtfertigt, in dem die Klägerin zu 1) betreffenden Verfahren W-1643/08 und in dem die Klägerin zu 2) betreffenden Verfahren W-1637/08 jeweils 309,40 € geltend zu machen. In den übrigen 10 Verfahren (W-1644/08 bis W 1648/08 sowie W-1638/08 bis W-1642/08) könne aber jeweils nur eine "abweichende Gebühr" in Höhe von 40,- € zuzüglich der anteiligen Auslagenpauschale von 8,- € sowie der Mehrwertsteuer hieraus in Höhe von 7,68 €, insgesamt 55,68 €, gewährt werden (309,40 x 2 + 55,68 x 10 = 1.175,60). Die weiteren 10 Widersprüche beträfen einen identischen Sachverhalt, für den kein gesonderter Arbeitsaufwand zu erkennen sei.
Der gegen die Kostenfestsetzung gerichtete Widerspruch der Klägerinnen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2009 (W 1237/09) als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Es könnten nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur solche Aufwendungen erstattet werden, die der Widerspruchsführer zum Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruches verständiger Weise für notwendig halten durfte, dabei seien die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Danach könne nur in den Verfahren W-1643/08 und W-1637/08 nach Nr. 2400 VV-RVG jeweils die "Regelgebühr" in Höhe von 240,- € zum Ansatz gebracht werden. Die Angelegenheit sei von ihrer Bedeutung und ihrem Umfang sowie von ihrer Schwierigkeit durchschnittlich gewesen. Im Gegensatz hierzu seien aber in den übrigen Widerspruchsverfahren Umfang und Schwierigkeit nicht mehr durchschnittlich gewesen, denn es sei nur noch ein zu den Verfahren W 1643/08 und W 1637/08 identischer Sachverhalt erfasst worden. Der übliche anwaltliche Arbeitsaufwand und Schwierigkeitsgrad hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsgebiete habe sich bereits in diesen beiden Widerspruchsverfahren niedergeschlagen. Die Geltendmachung höherer Gebühren durch die Klägerinnen sei daher unbillig und insoweit nicht verbindlich (§ 14 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -).
Hiergegen richtet sich die am 17. Juli 2009 erhobene Klage. Die Klägerinnen machen zuletzt im Wesentlichen geltend: Neben den in den Verfahren W-1643/08 und W-1637/08 von der Beklagten bereits festgesetzten Gebü...