Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für einen selbständig tätigen Unionsbürger
Orientierungssatz
1. Anspruchsberechtigt zu Leistungen des SGB 2 nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB 2 ist u. a. der Unionsbürger, der ein Aufenthaltsrecht als Selbständiger nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG besitzt. Erforderlich ist, dass eine selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Die bloße Anmeldung eines Gewerbes genügt hierzu nicht. Ein regelmäßig monatlich erzielter Gewinn von unter 150.- €. deckt nicht das notwendige Existenzminimum und gilt als unwesentlich (BSG Urteil vom 19. 10. 2010, B 14 AS 23/10 R). Eine zu berücksichtigende ernsthafte erwerbsorientierte und auf Dauer angestrebte selbständige Tätigkeit liegt damit nicht vor.
2. Steht dem Antragsteller allein ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche zu, so ist er nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 2 von Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen.
3. Ein Anspruch auf vorläufige Leistungen des SGB 2 besteht nach § 41a Abs. 7 SGB 2 nicht, weil der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 verfassungsgemäß ist.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Born wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II).
Die am ... 1962 bzw. am ... 1963 geborenen und miteinander verheirateten Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Sie reisten nach eigenen Angaben im Jahr 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und nahmen sodann ihren Wohnsitz in ... Der Antragsgegner gewährte den Antragstellern von Juli 2014 bis Juni 2016 (vorläufig) Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung von Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit der Antragstellerin zu 2. mit dem An- und Verkauf von Fahrzeugen. Über eine Fahrerlaubnis verfügt die Antragstellerin zu 2. nicht. Für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. November 2016 wurden Leistungen versagt. Die am 27. März 2001 geborene Tochter ..., für die Kindergeld in Höhe von monatlich 192 EUR bezogen wird, hält sich seit Oktober 2016 wieder in Rumänien auf. Seit dem 1. Juni 2016 waren die Antragsteller wohnungslos und hielten sich nach eigenen Angaben in Halle bei Verwandten auf. Eine entsprechende Abmeldung bei der Stadt ... erfolgte am 23. Dezember 2016. Am 24. Januar 2017 wurde das bislang unter der Anschrift ... in ... geführte Gewerbe der Antragstellerin zu 2. von Amts wegen mit der Angabe "keine Betriebsstätte / unbekannt verzogen" abgemeldet. Von Dezember 2016 bis Februar 2017 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern erneut vorläufig Leistungen. Am 22. März 2017 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner die Weiterbewilligung von Leistungen. Angaben zu ihrer Anschrift und zu etwaig anfallenden Kosten für und Unterkunft und Heizung (KdUH) sind darin nicht enthalten. In der Anlage EKS vom 25. April 2017 gaben die Antragsteller an, in der ... in ... einen An- und Verkauf von Fahrzeugen zu betreiben. Am 25. April 2017 sprachen die Antragsteller beim Antragsgegner außerdem in Begleitung einer Dolmetscherin vor. Mit Bescheid vom 2. Mai 2017 lehnte der Antragsgegner eine Leistungsbewilligung für die Zeit ab dem 9. Februar 2017 ab, da sich die Antragsteller nunmehr allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhielten und damit kein Leistungsanspruch bestehe. Zum 2. Mai 2017 meldeten sich die Antragsteller bei der Stadt unter der Anschrift ... in ... an. Am 9. Mai 2017 meldete die Antragstellerin zu 2. bei der Stadt erneut ein Gewerbe "An- und Verkauf von Fahrzeugen (Import-Export)" mit Beginn zum 2. Mai 2017 unter der Anschrift der Wohnung in der ... in ... an. Mit Bescheiden vom 24. Mai 2017 machte der Antragsgegner bei den Antragstellern die Erstattung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis zum 28. Februar 2017 geltend. Ein Anspruch auf Leistungen habe nicht bestanden.
Am 29. Mai 2017 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner erneut die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und gaben zu der selbständigen Tätigkeit in der Anlage EKS vom 7. Juni 2017 an, in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2017 bei monatlichen Betriebseinnahmen von 500 EUR und allein durch Wareneinkauf anfallenden Betriebsausgaben von 300 EUR einen monatlichen Gewinn von 200 EUR zu erwarten. Sie fügten in Kopie fünf Kaufverträge für Kraftfahrzeuge aus dem Zeitraum von Januar bis April 2017 und drei Kaufverträge für Kraftfahrzeuge aus dem Zeitraum von Mai bis Juni 2017 bei, bei denen die Antragstellerin zu 2 wechselnd als Käuferin bzw. Verkäuferin benannt ist. Die Kaufverträge sind formularmäßig gestaltet und jeweils handschriftlich ausgefüllt. Die darin angegebenen Kaufpreise für die Kraftfahrzeuge liegen zwischen 300 EUR und 770 EUR. In einer auf ...