Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Abwrack- bzw Umweltprämie. zweckbestimmte Einnahme. Geldgeschenk Dritter. einmalige Einnahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die sog. Umweltprämie ("Abwrackprämie") ist nicht als Einkommen nach § 11 SGB 2 anzurechnen. Es handelt sich um eine zweckbestimmte Einnahme gem § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2, welche nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu verwenden ist.

2. Zuwendungszweck der Umweltprämie ist allein die Unterstützung des Neuerwerbs von Kfz bei gleichzeitiger Altfahrzeugverschrottung getragen vom politischen Willen der Konjunkturbelebung der Automobilwirtschaft. Dieser Zweck erfasst auch SGB 2-Empfänger und würde im Falle einer Anrechnung der Umweltprämie als existenzsicherndes Einkommen übergangen.

3. Ein Geldgeschenk Dritter zur Finanzierung des Kfz ist jedoch als einmalige Einnahme berücksichtigungsfähiges Einkommen iS von § 11 SGB 2.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin (Ast) wendet sich gegen die Anrechnung einer ihr gewährten Umweltprämie (sog. "Abwrackprämie") in Höhe von 2.500,00€ als Einkommen und beansprucht die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Anrechnung dieser Einnahme.

Die ….. geborene Ast steht im laufenden Leistungsbezug beim Antragsgegner (Ag). Sie ist erwerbstätig mit einem unterschiedlichen monatlichen Nettoeinkommen (05/2009: 618,38€, 06/2009: 622,96€). Der Ag legt derzeit ein monatliches Nettoeinkommen von 648,60€ als Durchschnitt zugrunde. Am 19.03.2009 kaufte sich die Ast einen neues Fahrzeug Opel Corsa Selection___AMPX_’_SEMIKOLONX___X zum Gesamtpreis von 12.390,99€. Hierfür erhielt sie am 19.03.2009 einen Betrag von 2.500,00€ von ihrer Mutter als Geschenk. Unter dem 23.03.2009 gewährte ihr R.K. ein zinsloses Darlehen in Höhe von 2.500,00€, wobei sich die Ast verpflichtete, dieses an ihn zurückzuzahlen, sobald sie die sog. Umweltprämie erhalte. Die Ast zahlte einen Betrag von 5.000,00€ beim Kfz-Kauf in bar an. Hinsichtlich eines weiter verbleibenden Betrages von 8.152,14€ schloss die Ast am 12.02.2009 ein Darlehensvertrag mit der G….- Bank GmbH.

Mit Bescheid vom 29.05.2009 bewilligte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) der Ast eine Zuwendung in Höhe von 2.500,00 € für den Erwerb ihres Neufahrzeuges.

Mit Bescheid vom 04.06.2009 bewilligte der Ag der Ast vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2009 bis 31.12.2009 von monatlich 296,59€: Bedarf gemäß §§ 19 ff. SGB II in Höhe von 704,00€ (Regelleistung 359,00€ + Mietanteil 243,00€ + Nebenkostenanteil 36,25€ + Heizkostenanteil 65,75€ = 704,00€) abzüglich anrechenbares und bereinigtes Einkommen von 407,41€ (Erwerbseinkommen 648,60€ - Freibetrag Erwerbseinkommen 241,19€ = 407,41€ bereinigtes Einkommen) = 296,59€.

Das Bafa zahlte die unter dem 29.05.2009 bewilligte Umweltprämie in Höhe von 2.500,00€ am 09.06.2009 unmittelbar an R.K. aus.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29.07.2009 hob der Ag den Bewilligungsbescheid vom 04.06.2009 auf und forderte von der Ast einen Betrag von 250,00€ zurück. Die der Ast am 09.06.2009 über R.K. zugeflossene sog. Abwrackprämie in Höhe von 2.500,00€ sei als einmalige Einnahme als Einkommen ab dem Folgemonat anzurechnen und auf den Zeitraum 07/09 bis 04/10 in Höhe von monatlich 250,00€ zu berücksichtigen.

Mit Änderungsbescheid vom 29.07.2009 bewilligte der Ag der Ast vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2009 bis 31.12.2009 von monatlich 46,59€: Bedarf gemäß §§ 19 ff. SGB II in Höhe von 704,00€ (Regelleistung 359,00€ + Mietanteil 265,00€ + Nebenkostenanteil 23,00€ + Heizkostenanteil 57,00€ = 704,00€) abzüglich anrechenbares und bereinigtes Einkommen von 657,41€ (Erwerbseinkommen 648,60€ + sonstiges Einkommen 250,00€ - Freibetrag Erwerbseinkommen 241,19€ = 657,41€ bereinigtes Einkommen) = 46,59€. Die Absetzung “sonstigen Einkommens„ erläutert der Ag in diesem Bewilligungsbescheid nicht.

Gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und den Änderungsbescheid vom 29.07.2009 erhob die Ast am 11.08.2009 Widerspruch. Der Ag teilte der Ast mit Schreiben vom 12.08.2009 mit, die Vollziehung des Erstattungsbescheides bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens auszusetzen. Über die Widersprüche ist noch nicht entschieden.

Am 25.08.2009 hat die Ast beim erkennenden Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abwrackprämie nicht im Rahmen der Einkommensanrechnung zu berücksichtigen sei. Es handele sich ausweislich des Zuwendungsbescheides des Bafa um eine zweckgebundene Einnahme, welche demnach nicht für allgemeine Lebenshaltungskosten verwendet werden könne. Zudem sei der Ast die Umweltprämie durch die Zahlung an R.K. gar nicht zugeflossen, was für sich schon zum Ausschluss einer Anrechnung führe. Auf das Fahrzeug ...

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