Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf bei Alleinerziehung. alleinige Sorge für Pflege und Erziehung. Zusammenleben des Leistungsberechtigten mit seinem minderjährigen Kind und dessen Kind. Mehrbedarf unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Betreuung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs 3 SGB II ist auch dann zu gewähren, wenn das minderjährige Kind, mit dem leistungsberechtigte Personen zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, selbst ein eigenes Kind hat. § 21 Abs 3 SGB II nimmt allein Bezug auf die besondere Bedarfssituation Alleinerziehender. Der Mehrbedarf ist deshalb unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Betreuungsaufwands zu gewähren.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2016 verurteilt, der Klägerin im Zeitraum vom ... weitere Leistungen in Höhe von 14,54 EUR zu gewähren.

Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die am ... geborene Klägerin begehrt weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) unter Berücksichtigung eines anteiligen Mehrbedarfs für Alleinerziehende für Juni 2016.

Die Klägerin steht im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten und beantragte bei diesem am 26. April 2016 die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 1. Juni 2016. Sie lebt im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrem am ... geborenen Sohn ..., der monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von 1.053,25 brutto bzw. 844,74 EUR netto erzielt, und ihrer am ... geborenen Tochter ..., die Mutter des am ... geborenen Kindes ... ist, in einer 70,49 qm großen Vier-Raum-Wohnung, für die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) in Höhe von insgesamt 455,70 EUR (Grundmiete 265,68 EUR, Betriebskosten 109 EUR und Heizkosten 81,02 EUR) anfallen. Die Tochter und der Enkel der Klägerin beziehen gesondert Leistungen von dem Beklagten und werden von diesem als eigene Bedarfsgemeinschaft erfasst.

Mit dem Bescheid vom 18. Mai 2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. November 2016 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 517,93 EUR, die sich aus einem Regelbedarf in Höhe von 404 EUR und (anteiligen) KdUH in Höhe von 113,93 EUR zusammensetzen. Dagegen erhob die Klägerin am 25. Mai 2016 Widerspruch. Ihr sei der anteilige Mehrbedarf für Alleinerziehende für Ihre Tochter zu gewähren, die im Monat Juni bis zum Eintritt der Volljährigkeit ( ...) noch minderjährig sei. Sie - die Klägerin - sorge allein und ohne Unterstützung Dritter für die Pflege und Erziehung ihrer Tochter. Unerheblich sei, dass ihre Tochter selbst Mutter eines minderjährigen Kindes sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass die Tochter selbst Mutter sei und deshalb eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilde. Auch werde bei einem Kind, welches selbst Mutter eines Kindes ist, kein Mehrbedarf für Alleinerziehung mehr verursacht.

Am 16. Juni 2016 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, dass hinsichtlich des für Juni 2016 begehrten Mehrbedarfs allein auf die Minderjährigkeit abzustellen und nicht danach zu differenzieren sei, ob die minderjährigen Kinder selbst bereits Eltern sind.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid vom 19. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr im Zeitraum vom ... weitere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu gewähren.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Verwaltungsentscheidung.

Das Gericht hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt, der zu keiner gütlichen Einigung geführt hat und in dem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben.

Die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 19. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne von § 54 SGG. Die Klägerin hat einen Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf für Alleinerziehende im Zeitraum vom ...

Streitgegenstand s...

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