Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Anforderung an die Annahme einer Hilfebedürftigkeit. Voraussetzung der Pflicht zur Verwertung einer Rentenversicherung als Vermögen
Orientierungssatz
Der Rückkaufswert einer Rentenversicherung ist nur dann im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende als Altersvorsorge vor einer Verwertungspflicht geschützt, wenn durch unwiderrufliche Vereinbarung eine Inanspruchnahme der Versicherung vor Renteneintritt ausgeschlossen ist. Wird eine solche Vereinbarung erst nachträglich geschlossen, so ist die Anrechnung als Vermögen jedenfalls für die Zeit vor Abschluss dieser Vereinbarung vorzunehmen. Dabei ist jedenfalls dann von einer Wirtschaftlichkeit der Verwertung auszugehen, wenn der Auszahlungsbetrag die Summe der eingezahlten Beiträge nicht unterschreitet.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Leistungshöhe nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II), insbesondere die Höhe der Kosten der Unterkunft für den Zeitraum März 2009 bis April 2009 streitig. Der Beklagte verwehrt die höhere Leistungsgewährung im Hinblick auf den Besitz einer kapitalbildenden Rentenversicherung damit, dass der Kläger mangels Hilfebedürftigkeit in diesem Zeitraum nicht anspruchsberechtigt ist.
Der am 1949 geborene Kläger steht seit 2005 im laufenden Leistungsbezug bei dem Beklagten. Im Rahmen des Erstantrages hat der Kläger angegeben, über eine kapitalbildende Rentenversicherung bei der Lebensversicherungs- zu verfügen. Es handelt sich dabei nicht um eine Riesterrentenversicherung. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Versicherung einen Rückkaufswert von 7.056,60 EUR.
Der monatliche Beitrag, den der Kläger in die seit September 1999 bestehende Versicherung zahlte, betrug seit der Währungsumstellung 127,82 EUR. Im Laufe der weiteren Leistungsgewährung teilte der Kläger in den Fortzahlungsanträgen jeweils die Werterhöhung der Versicherung mit. Am 01. Mai 2008 betrug der Rückkaufswert der Rentenversicherung einschließlich Überschussbeteiligung 14.698,00 EUR. Im Juni 2009 hat der Kläger mit der Lebensversicherungs für die Rentenversicherung einen Verwertungsausschluss bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres vereinbart. Bis zum 19. Mai 2011 hat der Kläger insgesamt Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 18.022,62 EUR geleistet.
Der Kläger bewohnte im Eigenheim der Mutter zwei Zimmer. Die Nutzung von Küche und Bad erfolgt gemeinschaftlich. Am 04. Juli 2004 hat der Kläger mit seiner Mutter über die Nutzung seiner zwei Zimmer einen Mietvertrag abgeschlossen. Der Beklagte berücksichtigte bis 2007 die darin vereinbarten Kosten der Unterkunft bei der Leistungsgewährung, d.h. eine Kaltmiete von 120,00 EUR, Heizkostenvorauszahlungen von 42,00 EUR und Nebenkosten von 19,98 EUR. Seit 2008 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kaltmiete ab und stellte in die monatliche Leistungsgewährung nunmehr nur noch die kopfanteiligen Nebenkosten des Eigenheimes ein. Der Beklagte ging, davon aus, dass der Kläger über keine abgeschlossene Wohneinheit verfüge.
Mietverträge zwischen nahen Angehörigen seien vom Sozialleistungsträger nur zu berücksichtigen, wenn sowohl die Gestaltung als auch die Ausführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Diesem Fremdvergleich halte der Mietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Mutter nicht stand. Der Beklagte argumentierte, die Wohnung sei bereits vor Vertragabschluss über mindestens 1,5 Jahre genutzt worden, der Vertrag enthalte keine Angabe zu den Zahlungsmodalitäten und die nicht abgeschlossene Wohneinheit würde kein Fremder mieten.
Nach dem Fortzahlungsantrag vom September 2008 wurden dem Kläger mit Bescheid vom 28. November 2008 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum November 2008 bis April 2009 bewilligt. Mit Bescheid vom 16. Januar 2009 erfolgte die endgültige Bewilligung für den genannten Zeitraum. Kosten der Unterkunft wurden als Nebenkosten wiederum nur anteilig übernommen, nicht jedoch die mit der Vermieterin vereinbarte Miete.
Unter dem 02. April 2009 erging wegen der Einarbeitung der Heizölrechnung vom 04.03.2009 ein weiterer Änderungsbescheid für die Monate März und April 2009.
Hiergegen hat der Kläger am 30. April 2009 Widerspruch erhoben. Er wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung der monatlich vereinbarten Mietzahlung. Er sei weder Eigentümer des Hauses, noch bestehen ein mietfreies Wohnrecht. Der Beklagte sei daher nicht berechtigt, lediglich die kopfanteiligen hälftigen Betriebskosten in die Leistungsberechnung einzustellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2010 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Der hier angefochtene Änderungsbescheid enthalte keine Regelung über die Nichtberücksichtigu...