Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30.8.2006 gegen den Sanktionsbescheid vom 28.8.2006 wird insoweit angeordnet, als die dem Antragsteller zu gewährende Regelleistung um mehr als 30 vom Hundert abgesenkt worden ist.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für den Monat September 2006 in Höhe von 70 vom Hundert der ihm nach den gesetzlichen Vorschriften zustehenden Regelleistung zu gewähren.

3. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.

4. Die Antragsgegnerin trägt 70 vom Hundert der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

 

Gründe

Mit seinem Antrag vom 30.8.2006 wendet sich der 23jährige Antragsteller gegen den Wegfall der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Mit Bescheid vom 28.8.2006 kürzte die Antragsgegnerin für den Zeitraum 1.9. - 30.11.2006 die dem Antragsteller zustehende Regelleistung nach § 20 SGB II um 100 %. Am gleichen Tag erließ die Antragsgegnerin einen Bewilligungsbescheid, der den Zeitraum 15.8. - 30.11.2006 erfasst und für die Zeit ab dem 1.9.2006 die Höhe der monatlich zustehenden Leistungen mit 0,00 Euro ausweist.

Die Kammer sieht den am 30.8.2006 beim Sozialgericht gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zugleich als Widerspruch gegen den die Leistungskürzung aussprechenden Sanktionsbescheid vom 28.8.2006 an. Ferner legt die Kammer den Antrag gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dahingehend aus, dass der Antragsteller zum einen gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruches (dazu unter 1.) und zum anderen gemäß § 86 b Abs. 2 SGG den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen für die Zeit ab 1.9.2006 begehrt (dazu unter 2.). Nur auf diesem Wege kann der Antragsteller sein Ziel, Leistungen für die Zeit ab 1.9.2006 zu erhalten, erreichen.

1. Der nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat teilweise Erfolg.

Nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Sanktionsbescheid ist ein Verwaltungsakt, mit dem über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entschieden wird. Folglich kommt dem gegen ihn gerichteten Widerspruch nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, § 31 Rn. 123).

Der Antrag ist begründet, weil das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs das öffentliche Interesse an alsbaldiger Vollziehung überwiegt. Bei der Interessenabwägung kommt es insbesondere darauf an, welche Erfolgsaussichten dem Widerspruch in der Hauptsache aufgrund einer vorläufigen Prüfung der Rechtslage und summarischen Prüfung der Tatsachenlage beizumessen sind. Die Kammer hat erhebliche Zweifel daran, dass der Sanktionsbescheid vom 28.8.2006 in vollem Umfang rechtmäßig ist; der Widerspruch und eine gegebenenfalls zu erhebende Anfechtungsklage haben nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens daher Aussicht auf jedenfalls teilweisen Erfolg.

Die Antragsgegnerin stützt ihren Sanktionsbescheid auf § 31 SGB II und begründet den Wegfall der Regelleistung damit, dass der Antragssteller sich geweigert habe, eine zumutbare Arbeit auszuführen. Der Antragsteller war seit dem 15.3.2006 bei der Zeitarbeitsfirma P. I. S. GmbH (im Folgenden: P.) beschäftigt. Mit Schreiben vom 12.7.2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 27.7.2006, am 14.7.2006 erging zudem eine fristlose Kündigung. Der Kündigung waren zwei Abmahnungen vom 23.6. und 27.6. 2006 vorausgegangen. Die Abmahnungen stützten sich darauf, dass der Antragsteller die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht habe, da er die ihm zugewiesene Arbeit nicht aufgenommen habe; außerdem habe er sich verspätet bzw. gar nicht beim Arbeitgeber gemeldet. Diesen Sachverhalt hat der Antragsteller auch eingeräumt.

Nach § 31 Abs. 5 SGB II wird bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, das Arbeitslosengeld II unter den in den Absätzen 1 und 4 genannten Voraussetzungen auf die Leistungen nach § 22 SGB II (Kosten für Unterkunft und Heizung) beschränkt. Die Voraussetzungen für eine Sanktion in Form des vollständigen Wegfalls der Regelleistung sind vorliegend jedoch nicht gegeben.

a. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verhängung einer Sanktion sind erfüllt.

aa. Allerdings sind hier nicht die Voraussetzungen der § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 c) oder d) SGB II, auf die sich die Antragsgegnerin stützt, erfüllt. Der in dem Sanktionsbescheid vom 28.8.2006 angeführte § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 d) SGB II ist nicht einschlägi...

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