Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Vertragsarzt. Untätigkeitsklage. Honorarstreitigkeit. wirtschaftliche Bedeutung. Verfahrensverzögerung. Ausgang des Widerspruchsverfahrens

 

Orientierungssatz

Die wirtschaftliche Bedeutung einer Untätigkeitsklage wird nicht allein durch das (zeitliche) Ausmaß der Verzögerung des begehrten Verwaltungsakts mitbestimmt, sondern auch durch das materielle Ergebnis des durch die Untätigkeitsklage beschleunigten Verwaltungsverfahrens (vgl SG Hamburg vom 14.4.1998 - 3 KA 149/97). Wenn das Ausmaß der Verzögerung relativ gering ist (4, 7, und 10 Monate) und die Erstattung aufgrund der Widerspruchsentscheidung knapp 20% ausmacht, ist es angemessen, den Gegenstandswert auf ein Fünftel des Wertes der Hauptsache festzusetzen.

 

Gründe

Nach § 116 Abs. 2 Nr.1 BRAGO werden im Verfahren aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 51 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SGG) die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bestimmt sich der Gegenstandswert nach den für die Gerichtskosten geltenden Wertvorschriften.

§ 13 GKG gilt jedoch nicht für die Sozialgerichtsbarkeit (vgl. § 1 GKG). Deshalb ist hier der Gegenstandswert nach § 8 Abs. 2 BRAGO zu bestimmen (§ 8 Abs.1 Satz 3 BRAGO). Da sich der Gegenstandswert auch nicht aus den in § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO genannten Vorschriften der Kostenordnung ergibt, und auch sonst nicht feststeht, ist er gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung sowie bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert auf DM 8000.--, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über eine Million DM anzunehmen.

Hierzu ist ergänzend auch § 13 GKG heranzuziehen (BSG SozR 1930 § 8 Nr.2).

Demnach ist der Gegenstandswert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache entspricht seinem wirtschaftlichen Interesse an der Entscheidung (BSG SozR 1930 § 8 Nr.2).

Vorliegend waren Honorarkürzungen aufgrund von Plausibilitätsberichtigungen in den Quartalen I/96 bis III/96 in Höhe von insgesamt 1.747.380 Punkten strittig, bei einem angenommenen Punktwert von 7, 5 Pfg. also zirka DM 130.000.

Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers ist jedoch zu berücksichtigen, daß Streitgegenstand nur die Rechtsfolge ist, die durch Urteil entschieden werden soll (LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 1995, S.155, 157). Vorliegend sollte lediglich ein Tätigwerden der Beklagten durch Bescheidung erzwungen werden, womit das eigentliche wirtschaftliche Endziel -- hier die Aufhebung der Honorarkürzung -- noch nicht erreicht wird. Nach allgemeiner Auffassung ist der Gegenstandswert bei einer Untätigkeitsklage daher geringer anzusetzen als bei einer Leistungs- oder Gestaltungsklage Meyer-Ladewig, § 197 SGG Rz 7 a m.w.N.).

Nach der herrschenden Auffassung (vgl. Meyer-Ladewig, § 197 SGG Rz 7 a m.w.N.) ist dabei darauf abzustellen, inwieweit der begehrte Verwaltungsakt den Kläger seinem Endziel näher bringt, wobei die wirtschaftliche Bedeutung der angestrebten Verwaltungshandlung maßgeblicher Ausgangspunkt der Wertbemessung ist.

Nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. Beschluß vom 14.4.1998, Az. 3 KA 149/97) wird die wirtschaftliche Bedeutung einer Untätigkeitsklage dabei nicht allein durch das (zeitliche) Ausmaß der Verzögerung mitbestimmt, sondern auch durch das materielle Ergebnis des durch die Untätigkeitsklage beschleunigten Verwaltungsverfahrens.

Vorliegend ist das Ausmaß der Verzögerung -- bezogen auf die jeweiligen Widersprüche -- mit 4, 7 und 10 Monate relativ gering, doch wurden dem Kläger aufgrund der Widerspruchsentscheidung 334.459 Punkte (zirka DM 25.000 bzw. knapp 20%) erstattet. Insgesamt ist es daher angemessen, als Gegenstandswert ein Fünftel des Wertes der Hauptsache -- gerundet also DM 26.000 -- anzusetzen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2149710

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge