Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. anwaltliche Tätigkeit. Gegenstandswertfestsetzung. Untätigkeitsklage. wirtschaftliche Bedeutung. Verfahrensverzögerung. Ausgang des Widerspruchsverfahrens. Vertragsarzt. Honorarstreitigkeit. rückwirkende Budgetierung

 

Orientierungssatz

Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung einer Untätigkeitsklage ist neben dem aus der Verzögerung resultierenden Nachteil auch das materielle Ergebnis des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen. Es sollte außer Zweifel stehen, daß das mit einer Untätigkeitsklage verfolgte wirtschaftliche Interesse des Klägers höher ist, wenn er mit einem (Teil-)Erfolg im Widerspruchsverfahren rechnen kann, wie es nach Kenntnis des Gerichts in den - Honorarkürzungen aufgrund von rückwirkenden Budgetierungen und Plausibilitätsberichtigungen betreffenden - Widerspruchsverfahren der Fall ist. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist es sachgerecht, den Gegenstandswert auf die Hälfte des Wertes der Hauptsache festzusetzen.

 

Tatbestand

Im Streit stand ein Antrag des Klägers auf Vornahme eines Verwaltungsaktes.

Mit der am 14.07.1997 erhobenen Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Bescheidung der vom Kläger gegen die Honorarabrechnung für die Quartale I/96 und II/96 am 24.09. bzw. 27.12.1996 erhobenen Widersprüche zu verpflichten. Im Streit standen Honorarkürzungen aufgrund von Plausibilitätsberichtigungen und rückwirkenden Teilbudgets. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.1987 über die Widersprüche des Klägers entschieden hatte, erklärte dieser den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Aufgrund der Widerspruchsentscheidung wurden dem Kläger insgesamt DM 26.030,61 nachvergütet; hinsichtlich der als Berichtigung verbliebenen 5.850 Punkte (= DM 404,24) hat der Kläger keine Klage erhoben.

Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 31.10.1997 beantragt, den Gegenstandswert festzusetzen, und mit Schreiben vom 08.12.1997 um Festsetzung eines Betrages von DM 26.375,47 gebeten. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 29.12.1997 mitgeteilt, daß sie dem Kläger insgesamt DM 26.030,61 gutgeschrieben habe; hiervon seien 1,9 % Verwaltungskosten (DM 494,58) abzuziehen.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 116 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO werden im Verfahren aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen einschl. ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG) die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bestimmt sich der Gegenstandswert nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) gilt jedoch nicht für die Sozialgerichtsbarkeit (vergl. § 1 GKG). Deshalb ist hier der Gegenstandswert nach § 8 Abs. 2 BRAGO zu bestimmen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 BRAGO).

Da sich der Gegenstandswert auch nicht aus den in § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGO genannten Vorschriften der Kostenordnung ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung sowie bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert auf DM 8.000,--, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 1 Mio. DM anzunehmen. Hierzu ist ergänzend auch § 13 GKG heranzuziehen (BSG SozR 1930 § 8 Nr. 2).

Demnach ist der Gegenstandswert nach der sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die sich aus dem Antrag des Klägers/Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache entspricht seinem wirtschaftlichen Interesse an der Entscheidung (BSG a.a.O.).

Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers ist zu berücksichtigen, daß Streitgegenstand nur die Rechtsfolge ist, die durch Urteil entschieden werden soll (LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 1995, S. 155, 157). Vorliegend sollte lediglich ein Tätigwerden der Beklagten durch Bescheidung erzwungen werden, womit das eigentliche wirtschaftliche Endziel -- hier die Aufhebung der Honorarkürzungen -- noch nicht erreicht wird. Nach allgemeiner Auffassung ist der Gegenstandswert daher geringer anzusetzen als bei einer Leistungs- und Gestaltungsklage (LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 1995, S. 155, 157; LSG Berlin, Breithaupt 1988, S. 977, 979; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 11.08.1994, Az. L 3 Sb 19/94; Meyer-Ladewig § 197 SGG Randziffer 7 a).

Umstritten ist allerdings, nach welchen Grundsätzen der Gegenstandswert in diesen Fällen zu bestimmen ist. Während das LSG Nordrhein-Westfalen in zwei älteren Entscheidungen den Gegenstandswert pauschal mit einem Bruchteil der Beschwer in der Hauptsache ansetzt (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 14.11.1984, Breithaupt 1986, S. 550 f., sowie vom 25.01.1988), stellt die herrschende Auffassung darauf ab, inwieweit der begehrte Verwaltungsakt den Kläger seinem Endziel näher bringt, wobei auch sie die wirtschaftliche Bedeutung der angestr...

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