Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach SGB XII bei Anspruchsberechtigung nach SGB II. Berücksichtigung ungeklärter Erwerbsfähigkeit im einstweiligen Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Bei ungeklärter Erwerbsfähigkeit ist es in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dem Antragsteller zuzumuten, sich zunächst an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu wenden.
2. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII bleibt auch dann ausgeschlossen, wenn der Hilfebedürftige sich weigert, den für Leistungen nach dem SGB II erforderlichen Antrag zu stellen.
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. Januar 2005 nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der nach § 86b Abs. 2 und 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Der Antragsteller, der bis zum 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen hat, hat nicht im Sinne des § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft gemacht, dass ihm der mit dem Antrag geltend gemachte Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen SGB XII zusteht. Nach dem Kenntnisstand des vorliegenden Eilverfahrens hat ihn vielmehr die Antragsgegnerin zu Recht darauf verwiesen, zunächst um Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II nachzusuchen.
Nach §§ 8,19 SGB XII erhalten Leistungen der Sozialhilfe in der Gestalt der Hilfe zum Lebensunterhalt diejenigen Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen können. Die Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII sind nach der zum 1. Januar 2005 wirksam gewordenen Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme als ein gegenüber der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II insgesamt grundsätzlich nachrangiges Leistungssystem zu begreifen. Dies folgt aus § 21 SGB XII und § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII nicht erhält, wer in eigener Person oder als Angehöriger dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist (vgl. Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 2005, § 21 Rn. 4, 7; Brühl, in: LPK-SGB II, 2005, § 5 Rn. 45).
So liegt es bei dem Antragsteller. Zwar macht er geltend, nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II zu sein, jedoch ist gerade das Vorliegen einer Erwerbsminderung im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen den Beteiligten streitig und lässt sich auch in dem vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend klären. Bei dieser Sachlage ist es dem Antragsteller zuzumuten, sich zunächst an die Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II als den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu wenden, dort um Leistungen nachzusuchen und so seine Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Denn im Falle der Konkurrenz von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII obliegt die Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach dem Willen des Gesetzgebers allein dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Hilfebedürftige erhält bis zur Klärung der Frage der Erwerbsminderung vorläufige Leistungen nach dem SGB II. Dies folgt aus §§ 44a, 45 SGB II.
Dieser Umstand schließt den Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII auch dann aus, wenn der Hilfebedürftige sich – wie vorliegend der Antragsteller – weigert, den nach § 37 Abs. 1 SGB II für den Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag zu stellen. Denn es kann nicht in der Hand des Hilfeempfängers liegen, durch Verweigerung der Mitwirkung im Verfahren das Eintreten eines anderen Sozialleistungsträgers zu erzwingen (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. Januar 2005, Az.: L 3 B 16/05 ER SO). Hierauf ist der Antragsteller durch die Antragsgegnerin auch von Beginn an hingewiesen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen